Bei Farben muss ich auch immer an die Zeichnungen der Künstlerin Susanne Haun denken, obwohl ihre Bilder überwiegend durch wenige Linien und Flächen gekennzeichnet sind. Gleichzeitig spielen Farben eine wichtige Rolle. Aber welche?

Das verrät uns die Berliner Künstlerin heute im #farbverrückt Interview. Ich freue mich sehr, dass sie die Zeit gefunden hat, sich meinen neugierigen Fragen zu stellen. Denn aktuell ist die Künstlerin mit spannenden Projekten beschäftigt. Aber dazu im Anschluss des Interviews mehr.

 

 

Die Seherin – Amazone , 40 x 30 cm, Tusche auf Aquarellkarton (c) Zeichnung von Susanne Haun

 

Susanne, mit wenigen Linien kannst Du Welten erschaffen. Welche Rolle spielen dabei die Farben für Dich?

Die Farbe in meinen Zeichnungen spielt eine entscheidende Rolle für mich. Ich überlege mir schon vorab, in welcher Farbe ich mein Motiv darstellen möchte. In meinen Zeichnungen bin ich so minimalistisch wie nötig, das gilt auch für die Farbe. Man könnte meine Zeichnungen als monochrome farbig bezeichnen. Ich benutze gerne nur eine Farbe in unterschiedlichen Tonstufen. Die Tonstufe einer Farbe wird durch die Anzahl an Farbpigmenten definiert, die eine Farbfläche besitzt. Je mehr Wasser ich zu der von mir verwendeten Tusche zunehme, desto heller wird der Farbton. 

 

Wie entscheidest Du Dich wann für eine Farbe?

Beim Zeichnen von Portraits überlege ich mir genauestens, welche Farbe zur / zum Dargestellten passen würde. Sigmund Freud war von meiner Wahrnehmung ganz klar blau während die Amazone der irischen Sagenwelt (siehe oberes Bild) selbstverständlich von roter Farbe sein musste. Dasselbe Motiv in unterschiedlichen Farben gezeichnet, ergibt eine völlig neue Wirkung. So kann es manchmal sinnvoll sein, eine Landschaft in unrealistisch Farben zu zeichnen. Bekannt sind da vor allem Franz Marcs blaue Pferde.

 

Meine Vorstellung von Sigmund Freud, (c) Zeichnung von Susanne Haun

 

Die Natur inspiriert mich und ich sehe beim Betrachten sofort die Linien und Flächen. Dabei ist ausgerechnet Grün für mich eine problematische Farbe. Grün Töne gibt es im Kunstfachhandel in allen Ausprägungen zu kaufen. Fertig gekaufte Grüntöne haben jedoch manchmal die Farbe von Plastikschüsseln und sind so wenig naturalistisch. Schaut man sich in der Natur um, sind die Grüntöne in vielen Facetten zu sehen, weswegen ich grün auch lieber aus Blau- und Gelbtöne mischen. Eine Ausnahme ist das Lotusgrün von Rohrer & Klinger (Werbung ohne Auftrag). Die Farbigkeit dieses Grüns in verschiedenen Tonstufen verwendet, ist wie ein die Aussicht bei einem Spaziergang durch den Wald.

 

Violett ist die Farbe dieser Woche. Früher sagte man, das Tragen von Lila Kleidung sei der letzte Versuch, später wurde das Lila mit der Frauenbewegung in Zusammenhang gesetzt. Deshalb wäre ein Porträt von Alice Schwarzer für mich immer lila. Ich verbinde lila mit dem Herbst. Lila setzt sich zusammen aus rot und blau und kombiniert so eine kalte mit einer warum in Farbe. Sicher, es gibt auch kalte Rottöne wie Kamin rot, das ich selten verwende. Für mich symbolisiert Rot das Feuer, die Heißblütigkeit und den Herbst.

 

Über die Bedeutung der Farbe mache ich mir bei der Wahl zum Motiv keine Gedanken. Es ist für mich unerheblich, ob z.B. Geld die Farbe des Neides ist. Ich verwende Gelb, wenn ich Gelb verwenden möchte und wenn ich denke, es passt.

 

Die hier gezeigte Frau mit Kürbisblättern und -blüten auf dem Kopf entstand aus Betrachtungen beim Spaziergang des herbstliche Altenahrs (bei Bonn). 

 

Kürbisfrau, 40 x 30 cm, (c) Zeichnung von Susanne Haun

 

Welches ist Deine Lieblingsfarbe und warum?

Ich mag alle Rot- und Brauntöne, sie passen zu meiner Persönlichkeit und zu meinem Äußeren. Aber um nicht immer nur in Rot zu schwelgen, lege ich mitunter die Rottöne in die Schublade, so dass auf meiner Palette Blau- und Grüntöne Platz finden. 

 

Susanne Haun beim Zeichnen, (c) Foto M. Fanke

 

Susanne Haun studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Seit 2002 ist sie als Bildende Künstlerin und Autorin in Berlin aktiv. Von 1993-2005 arbeitete sie als Systemanalytikerin und Entwicklerin für verschiedene ARD Sendeanstalten. Als Autorin veröffentlicht sie seit März 2009 täglich Beiträge zur eigenen Kunst und Kunstgeschichte in ihrem Blog www.susannehaun.com und interagiert dort sowie auf weiteren Social Media Plattformen mit über 12.000 Follower. Zudem unterhält Susanne Haun einen Kunstsalon in ihrem Atelier. Hier werden regelmäßig aktuelle Themen zur Kunst von geladenen Gästen referiert und diskutiert. Ferner publiziert sie seit 2010 künstlerische Fachbücher.

 

Herzlichen Dank, liebe Susanne, für Deine Einblicke in Deinen Umgang mit Farben und Deine aktuellen Projekte.

 

Wer mir schon länger folgt, diejenige weiß, dass Susanne Haun und ich uns schon viele Jahre kennen. Zunächst begegneten wir uns über unsere Blogs. (Ich war damals noch unter einem Pseudonym online unterwegs.)  Gesehen haben wir uns bei ihrem aller ersten KunstSalon am Dienstag in ihrem Atelier im Berliner Wedding. Einige Zeit später begannen wir auch zusammenzuarbeiten. 2018 war ich zu Gast in ihren KunstSalon und wir gestalteten eine gemeinsame Ausstellung zum Thema „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen„. Im Rahmen meiner Videogesprächsreihe „30 Jahre…“ erzählte mir Susanne von ihrem West-Berlin.

 

Aber nun zu den aktuellen Projekten von Susanne Haun:

 

In der vergangenen Woche zeigte mir Susanne die Ausstellung Mein Wedding 2020, die sie mit organisiert hat und an der sie selbst auch mit einem Bild beteiligt ist. Das Besondere an dieser Ausstellung: Sie besteht aus großflächigen Plakaten, die im öffentlichen Raum des Bezirks zu sehen sind. Darüber hinaus befinden sich alle Bilder im kleinen Format auch in dem öffentlich zugänglichen, interkulturellen Garten „Rote Beete“, im Centre Francais, Müllerstraße 75, 13349 Berlin. Ein Besuch lohnt sich und funktioniert unkompliziert im Freien – bis zum 4. Oktober 2020. Von meinem Spaziergang mit Susanne werde ich noch einen eigenen Blogbeitrag veröffentlichen, damit alle diejenigen, die nicht in den Berliner Wedding kommen können, einen Eindruck bekommen. Ich bin ganz begeistern von diesem bereits zum wiederholten Male stattfindenden Projekt.

 

Ein weiteres aktuelles Projekt von Susanne Haun ist die anstehende Werkschau 2013 – 2020, die im kommenden Herbst im Eichhörnchenverlag erscheinen wird. Die Verlegerin Nina A. Schuchardt schreibt hierzu: „Es ist eine Selbstpräsentation und gleichzeitig ein Überblick über 7 Jahre intensives und bewegtes Schaffen der Künstlerin Susanne Haun. Unter dem Titel SUSANNE HAUN WERKSCHAU 2013 – 2020 versammeln sich auf ca. 52 Seiten zahlreiche Schlüsselwerke und zeichnend-philosophierende Ideenstränge sowie Artist Statements und Kommentare zu einzelnen Werken von der Künstlerin selbst. Begleitet und eingeordnet werden manche Werke im Besonderen und manche besondere stilistische Eigenheit der Künstlerin in Texten der Kunsthistorikerinnen Meike Lander, Cristina Wiedebusch und Nina A. Schuchardt. Das Lektorat der Werkschau übernahm Birgit Böllinger von www.saetzeundschaetze.com und für die grafische Gestaltung, Satz und Layout danken wir Antje Rother!“ Darauf freue ich mich schon sehr. Die Ausstellung im Buch können wir direkt beim Verlag schon vorbestellen. Hierzu bitte auf den folgenden Bild-Link klicken:

 

 

Klickt Euch gern zu Susanne hinüber. Ihr bereits jahrelang regelmäßig geführter Blog ist ein Kunstwerk in sich.