Ich bin wieder entlassen worden, habe meine Sachen gepackt und das Gefängnis durch das Tor hinter mir gelassen. Eine Ausstellung in einem ehemaligen Frauengefängnis… Meine Kunst in einer buchstäblich dunklen Zelle… Das war eine Herausforderung, ein Erlebnis, das mich in vielerlei Hinsicht bereichert und durch die zahlreichen Besucher.innen, durch interessante Gespräche erfüllt hat. Heute möchte ich Dir gern meine Installation und die Zelle 8 auch hier in meinem Blog vorstellen.
In den nächsten Tagen, in den folgenden Beiträgen zeige ich Dir auch die Arbeiten meiner Zellengenossin Eva Gjaltema. Du bekommst einen Einblick in das Gefängnis allgemein und wenn Du dann noch magst, erzähle ich Dir von der Kraft der Musik an solch einem Ort und gebe Dir einen Blick hinter die Kulissen des Aufbaus der Ausstellung.
Bist Du bereit? Hinter diesen Mauern verbarg sich vielfältige Kunst in Form einer Ausstellung und eines abwechslungsreichen Programms unter dem Titel „Macht der Erinnerung“ am vergangenen Wochenende zum „Tag des offenen Denkmals“. Es ist das ehemalige Frauengefängnis in Lichterfelde, Berlin Steglitz – heute SOEHT7.
In meiner Installation habe ich folgende Elemente zu einer Präsentation zusammengestellt:
Opfer-Täter und Täter-Opfer, Patchwork-Decke, 160 x 198 cm, Herrenhemden und Bettbezug aus dem Familiennachlass der Künstlerin, in Handarbeit bestickt und beschrieben, 2017
Steh auf!, Kissen, 77 x 79 cm, Kissen aus dem Familiennachlass der Künstlerin in Handarbeit bestickt, 2014
Schießen für den Frieden (Teil 2), Zielscheiben jeweils 14 x 14 cm, mit Kugelfangkasten 15 x 16 cm, in Handarbeit gestaltet, 2017
In der gezeigten Installation beschäftige ich mich mit den Erinnerungen des Ortes, dem ehemaligen Frauen-Gefängnis, gepaart mit meinen persönlichen Kindheits-erinnerungen vor dem Hintergrund der ostdeutschen Geschichte.
Die Patchwork-Decke „Opfer-Täter und Täter-Opfer“ ist meine neueste Arbeit. Ich habe sie anlässlich der Ausstellung „Macht der Erinnerung“ angefertigt. Hierbei setze ich mich mit den Worten „Opfer“ und „Täter“ auseinander. Opfer und Täter, zwei Worte, die sich erst durch unsere Assoziationen, unsere Ein- und Zuordnungen, durch Definitionsversuche und auch durch unser Urteil mit Leben füllen. Der helle Stoff, die einzelnen Quadrate stammen von alten Herrenhemden, die Rückseite von einem alten Bettbezug meiner Großeltern.
Auch das Kissen ist aus dem Nachlass meiner Familie. Die gestickte Aufforderung „Steh auf!“ beschreibt den Wunsch und den inneren Kraftakt, sich zu hinterfragen und zu verändern.
Die Zielscheiben entwickelte ich aus einer Installation mit dem Titel „Schießen für den Frieden, Teil 1“. Die Bearbeitung und damit Zweckentfremdung der Zielscheiben stehen für die Veränderung im Umgang mit den Schatten der Vergangenheit.Die Kombination dieser drei Arbeiten präsentiere ich erstmalig an diesem Ort. Sie sind alle in Handarbeit und unter Verwendung neuer sowie alter Materialien entstanden. Dieser Prozess wirft immer wieder Fragen auf und löst Veränderungen aus – Stich für Stich, Buchstabe für Buchstabe.
An mehreren Tagen hintereinander hinter Gefängnismauern… Mein erster Besuch fühlte sich sehr beklemmend an. Aber mit den vielen vielfältigen, farbenfrohen, musikalischen, spannenden und interessanten Erlebnissen hat sich der Ort für mich mit viel positiver Energie gefüllt. Insbesondere auch durch meine Auseinandersetzung sowie der inspirierenden und wertschätzenden Zusammenarbeit mit Eva Gjaltema in unserer Zelle 8 habe ich das denkmalgeschützte Gebäude als sehr belebend wahrgenommen. Eine faszinierende Wandlung auf mehreren Ebenen.Ich danke allen, allen, die die Gelegenheit, die Zeit und den Mut hatten, uns dort zu besuchen. Ich danke allen, die mich im Vorfeld (Work in Progress) bis hin zur Präsentation vor Ort begleitet und unterstützt haben. Dafür bin ich sehr dankbar und fühle mich reich beschenkt. Herzliche Grüße, Doreen
ps: Aber ja, es bleibt ein ehemaliges Gefängnis, in dem einst Menschen eingesperrt wurden…
Schön, jetzt die Früchte deiner langen Arbeit an dieser Installation im Ganzen sehen zu können. Beeindruckend, wie du dich diesem Raum gestaltend gestellt hast und wie er sich im Prozess und durch die Synergie mit anderen Kunstwerken für dich auch verändert hat. Auf diese Installation trifft dein Motto „Erinnerung und Veränderung“ (war doch so? Kann gerade oben ja nicht lesen beim Kommentieren…) ganz besonders zu, finde ich. Liebe Grüße Ghislana
Liebe Ghislana, herzlichen Dank für Deine Zeilen. Ja, das Motto „Erinnerung und Veränderung“ spiegelt sich da sehr passend wieder. Das war auch im Entstehungs- und Werdungsprozess spürbar. Liebe Grüße, Doreen
Liebe Doreen,
ich bin beeindruckt von dem Ausdruck deiner Arbeit! Herzlichen Glückwunsch.
Ich freue mich auf unser nächstes Treffen,
liebe Grüße von Susanne
Liebe Susanne, das freut mich sehr, auch dass es über die Fotos rüberkommt. Vielen Dank! Herzliche Grüße und voller Vorfreude, Doreen
Deine Installation gefällt mir sehr in ihrer (Wort)Schlichtheit & dem Kontrast zwischen Zuhause- Assoziation/Individualität (Sticken, Patchwork, Decke, Kissen, Blumen) & einheitlich funktionaler Gefängniszelle. Schade, dass es nur ein Wochenende war!
Herzlichen Dank für Deine Sicht! Ja, so hatte ich es erhofft und ich freue mich, dass dies auch auf den Fotos so rüberkommt. Ja, leider nur ein Wochenende. Aber dies war umso intensiver.