Heute ist am 8. März das erste Mal ein offizieller Feiertag in Berlin, der Internationale Frauentag.

Klar freuen sich die Arbeitnehmer.innen über einen freien Tag, die Arbeitgeber.innen stellt es vor Herausforderungen. Dieser Beschluss der Berliner Landesregierung ist umstritten. Doch nun ist er da, der Feiertag am 8. März, eingeführt im Jahr 2019.

 

Historisch gesehen

Der Internationale Frauentag hat sich in seiner Bedeutung für mich über die Jahre verändert. Früher, in der DDR, war es der Tag, an dem wir als Kinder unseren Müttern selbst Gebasteltes und Blumen schenkten. Heute ist es ein Tag, der mir bewusst macht, wie viel Benachteiligungen für Frauen auf der Welt, ja auch in Deutschland, noch existieren.

Und nein, die DDR hat den Internationalen Frauentag nicht erfunden, auch wenn sie ihn gefeiert hat. Der Frauentag ist wesentlich älter: 

Der Internationale Frauentag, Weltfrauentag, Frauenkampftag, Internationaler Frauenkampftag oder Frauentag ist ein Welttag, der am 8. März begangen wird. Er entstand als Initiative sozialistischer Organisationen in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen sowie die Emanzipation von Arbeiterinnen und fand erstmals am 19. März 1911 statt… Die Idee dazu kam aus den USA. Dort hatten Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas (SPA) 1908 ein Nationales Frauenkomitee gegründet, das beschloss, einen besonderen nationalen Kampftag für das Frauenstimmrecht zu initiieren. Dieser erste Frauentag in den USA am 28. Februar 1909 war ein Erfolg – auch weil sich bürgerliche Frauenrechtlerinnen (Suffragetten) den Forderungen nach dem Frauenwahlrecht anschlossen und gemeinsam mit den Sozialistinnen demonstrierten. Die Idee, diese Form des Protestes zu wiederholen, war schnell geboren,… (Quelle: Wikipedia, März 2019)

 

Respekt #wasfrauenfordern, (c) Doreen Trittel

 

Politisch und Gesellschaftlich gesehen

In diesem Sinne finde ich, ist die Einführung dieses Feiertages in Berlin ein wichtiges Zeichen – auch mit Blick auf 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland. Es gibt viele Bereiche, in denen die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau erreicht ist. Frauen vor uns haben wichtige Meilensteine gesetzt. Aber andererseits gibt es noch viel, sehr viel zu tun. Ich denke da zum Beispiel an die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen und auch an die unterrepräsentierten Frauen in Führungspositionen und in der Kunst- und Filmbranche… Auch das gesellschaftliche Ansehen von Frauen und der Umgang miteinander muss verändert werden. Dies zeigen nicht nur die Erfahrungen von uns Frauen, die über #aufschrei in Deutschland und über #meetoo international weltweit ans Licht kamen. Auch beim Kauf von Kleidung, Büchern und Spielzeug für Kinder, bei Werbungen, Computerspielen und Witzen werden mir die gesellschaftlichen Grenzen immer wieder deutlich.

Wichtige Akteurinnen sind hierbei zum Beispiel folgende Plattformen {Werbung ohne Auftrag}: Pinkstinks e.V. und Die Rosa-Hellblau-Falle.

 

Respekt #wasfrauenfordern, (c) Doreen Trittel

Respekt #wasfrauenfordern, (c) Doreen Trittel

 

Sprachlos

Mein Weg als Frau ist von meiner ostdeutschen Kindheit geprägt. Ich bin mit einem Selbstverständnis an Gleichberechtigung aufgewachsen, das mich heute noch trägt. Die Selbstverständlichkeit ist aber in den Jahren und Jahrzehnten nach dem Mauerfall für mich in vielerlei Hinsicht ins Wanken geraten. Einschneidend waren da meine Erfahrungen im Südwesten Deutschlands (dort lebte ich einige Jahre) und als ich selbst Mutter wurde… 

Ich weiß, in Ostdeutschland war die Gleichberechtigung in verschiedenen Punkten mehr Schein als Sein, aber dennoch gewann ich manchmal das Gefühl, dass sich das Rad der erlangten Errungenschaften rückwärts zu rollen scheint. Da fallen mir zum Beispiel die ‚faulen Kompromisse‘ zum § 219a ein, oder auch das Auftreten und die Forderungen der AfD. 

Die Nachrichten aus Österreich sind erschreckend. Computerspiele, die Gewalt an Frauen zum Inhalt haben, Berichte und Dokumentationen vom Leid und von der Gewalt, die Frauen weltweit angetan wwerden, machen mich sprachlos. 

Die Stimme erheben

Doch sprachlos ist der falsche Weg. Veränderungen beginnen bei uns selbst. Wir müssen unsere Stimmen erheben, und für die Rechte von uns Frauen eintreten. 

 

Alles Gute zum Frauentag, liebe Mutti, (c) Doreen Trittel

Alles Gute zum Frauentag, liebe Mutti, (c) Doreen Trittel

 

Aus ‚m Osten

Ich weiß nicht, ob es am 30. Jahr des Mauerfalls oder an der Einführung des freien Feiertages in Berlin liegt, aber mir fällt auf, dass die Situation in der DDR und die Wege von ostdeutschen Frauen mehr in die mediale Aufmerksamkeit kommen. Ja, es wird sogar differenzierter geschaut und nachgefragt. Das tut uns im vereinten Deutschland gut, auch wenn inzwischen schon ein paar Jahrzehnte vergangen sind. 

Ich freue mich über jeden Gedanken, jede Sichtweise, die unsere Geschichte betrachten, um unsere Wege zu reflektieren, um daraus zu lernen.

Ich freue mich auch, dass durch den Feiertag in Berlin auf alle Fälle mehr Diskussionen um diesen Tag im Privaten und im persönlichen Austausch entstehen. …auch kürzlich auf einer Sozial Media Plattform, wo ich in einer Diskussion folgendes in den Kommentaren schrieb:

Ich war zwar noch nicht ganz erwachsen beim Mauerfall… Aber ich merkte schnell, dass das, was ich für selbstverständlich in der Frage der Gleichberechtigung und Wahrnehmung von Frauen hielt, nicht selbstverständlich ist. Zur Feministin bin ich dann geworden, als ich für ein paar Jahre im Südwesten Deutschlands lebte und auch nochmal als Mutter. Westdeutsche Freundinnen haben zum Beispiel ein schlechtes Gewissen, weil sie als Mütter arbeiten gehen. Ich kenne das nicht. Inzwischen habe ich aber auch die Gleichstellung in der DDR hinterfragt. Es war nicht alles so, wie es schien, aber ich denke doch, in dieser Hinsicht einen Schritt weiter.

…stimmt, Freiheitskämpferin in Nicaragua wollte ich auch werden… Familie und Beruf schlossen sich für mich nicht aus… Doch da habe ich mich selbst noch nicht als Feministin gesehen. Das kam für mich erst, als ich selbst für mich die Gleichberechtigung und den gegenseitigen Respekt als Wert erkannte. Das war für mich deutlich, als ich die Grenzen nah sah, zum Beispiel die fehlende Kinderbetreuung, die selbstverständliche Zurückstellung der Partnerin…

 

Kriegerin in der interaktiven Installation (for women only) Katia Fouquet | Zeichnung und Installation. (c) Doreen Trittel

Kriegerin in der interaktiven Installation (for women only)
Katia Fouquet | Zeichnung und Installation. (c) Doreen Trittel.

 

Ein Beitrag hat mir selbst auch nochmal eine neue Sichtweise geschenkt. Diese Differenzierung war mir bisher nicht so klar: In der DDR waren die Frauen emanzipiert, ja, aber sie waren keine Feministinnen. Ich denke, das trifft es irgendwie… An dieser Stelle muss ich aber noch weiterdenken… Auch habe ich längst noch nicht alle Artikel gelesen und Porträts gesehen. Dennoch möchte ich Dir hier einige Seiten verlinken, die sich mit dem Leben der Frauen in der DDR und deren/ unseren Weg bis heute im vereinten Deutschland beschäftigen: {Werbung ohne Auftrag}

Der MDR thematisiert in einem Schwerpunkt die Ostfrauen. In seiner Mediathek hat der Sender Dokumentationen und Artikel, die das Leben von Frauen in der DDR betrachten, und die ostdeutsche Frauen heute porträtieren: Selbstbewusst. Unabhängig. Erfolgreich.

Die Bundeszentrale für politische Bildung zeigt Filme, die in der DDR gedreht wurden und Frauen porträtieren.

Winter adé – „Ein Jahr vor dem Fall der Mauer fängt Helke Misselwitz auf ihrer beeindruckenden filmischen Reise durch die DDR die Stimmung im Land und die Hoffnungen, Wünsche und Enttäuschungen insbesondere der Frauen ein.“

Wäscherinnen – „Der Regisseur Jürgen Bötcher gibt mit seinem Dokumentarfilm Einblick in den Arbeitsalltag junger weiblicher Lehrlinge, die im Berliner REWATEX-Werk zu Textilreinigungs-Facharbeiterinnen ausgebildet werden.“

Mädchen in Wittstock – „1974 findet der Regisseur in der märkischen Kleinstadt Wittstock eine Aufbruchsituation vor: Der VEB Obertrikotagenbetrieb „Ernst Lück“ wird vor den Toren der Stadt aufgebaut. 1000 Arbeiterinnen sind hier schon tätig, 3000 sollen es werden. Der erste Film der Langzeitdokumentation etabliert drei von ihnen als Protagonistinnen, die Koepp 22 Jahre lang filmisch begleiten wird.“

Ich möchte auch noch eine Fernsehsendung hinzufügen, denn ich bin ein Fan der WDR-Sendung frauTV. Jede Woche gibt es spannende, inspirierende und Mutmachende Berichte von und über Frauen heute. 

Am 8. März gibt es „Die lange frauTV-Nacht: 100 Jahre Frauenwahlrecht – Wie gleichberechtigt sind wir wirklich?“ Ein Tipp: Alle Sendungen gibt es auch auf der Mediathek. 

 

Auf uns, zum Frauentag am 8. März

Auf uns, zum Frauentag am 8. März

 

In den letzten Jahren habe ich so viele wunderbare, kraftvolle und inspirierende Frauen kennengelernt. Jeder einzelnen möchte ich für das, was sie tut, für das, womit sie ihren Teil für eine gute und bessere Welt beiträgt, danken. Ich habe interessante Gespräche – real und online – geführt, die von  gegenseitiger Wertschätzung und Unterstützung geprägt waren. Das schätze ich sehr.

Ja, wir sind alles starke Frauen. Wir können unglaublich viel bewegen und bewirken – das vor allem gemeinsam. Lasst uns unsere Geschichten hören und erzählen. Lasst uns gegenseitig wissen, was uns wichtig ist. Lasst uns hinterfragen und die Welt verändern. 

 

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Meine Beiträge zum 8. März: 
https://hehocra.de/wasfrauenfordern-nicht-nur-am-8-maerz/ 
https://hehocra.de/unsere-welt-braucht-feminismus/
https://hehocra.de/eine-starke-frau/