Wir sind die Anderen…

Wir sind die Anderen…

Wir müssen uns an unsere Geschichte erinnern! Wir sind der Wandel!

Diese beiden Sätze habe ich in einer Dokumentation über das „junge, neue Amerika“ aufgeschnappt. Vor zwei Jahren haben wir das Ergebnis der 58. Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten erfahren und es war klar, die Welt wird sich verändern.

 

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation,  2017 (c) Doreen Trittel

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation, 2017 (c) Doreen Trittel

 

Heute vor 80 Jahren war die Reichspogromnacht. 1938 wurden organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden verübt. Diesen Jahrestag sehe ich als mahnende Erinnerung. Er ist ein Appel an unsere Verantwortung, für Menschlichkeit und Demokratie einzustehen.

 

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation,  2017 (c) Doreen Trittel

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation, 2017 (c) Doreen Trittel

 

Heute vor 29 Jahren fiel die Mauer. Zu dieser Zeit lebte ich als Teenager in Berlin Friedrichshain. Der Tag des Mauerfalls symbolisiert für mich persönlich auch den Beginn meines Weges der Veränderungen, den ich bisher Schritt für Schritt gegangen bin. Wir können so vieles aus der Vergangenheit lernen, wenn wir mutig genug sind, sie uns ohne Schönreden anzuschauen. Wir sind geprägt von unseren Familiengeschichten, von der Gesellschaft und von der Zeit in der wir leben. Sich dessen bewusst zu werden, kann Veränderungen in Gang setzen, die bei uns selbst beginnen.

 

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation,  2017 (c) Doreen Trittel

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation, 2017 (c) Doreen Trittel

 

Die Anderen: Wie leicht geht uns der Spruch: „Die Anderen“ über die Lippen… Abgrenzung. Ausgrenzung. Gehören wir dazu? Sind wir außen vor? Fühle ich mich besser, wenn ich andere ausgrenze, herabsetze, herabwürdige?

Vielfalt, Individualität und Gemeinschaft: Ich bin die Anderen. Die Anderen sind ich. Du bist die Anderen. Die Anderen sind du. Wir sind die Anderen. Die Anderen sind wir.

Wir sind die Anderen!

 

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation,  2017 (c) Doreen Trittel

Die Anderen, Wort Collage, Serie/ Teil einer Installation, 2017 (c) Doreen Trittel

 

 

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Beim KunstSalon mit der Abendsonne am Weltglückstag

Beim KunstSalon mit der Abendsonne am Weltglückstag

Was für ein Tag, der 20. März 2018. Frühlingsanfang und Weltglückstag. Begonnen hat der Tag mit heftigem Schneefall. Solch einen Flockentanz hatten wir den ganzen Winter nicht. Aber wenn ich nach den Bildern aus den anderen Gegenden sehe, dann war selbst das im Vergleich lächerlich. Dennoch hatten Susanne und ich zwischendurch Bedenken, wie sich der verschneite Frühlingsanfang auf unseren Abend auswirken würde.

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Aber wir hatten Glück, am Weltglückstag. Am frühen Abend konnten wir den Sonnenschein im Atelier begrüßen. Kurz darauf kamen unsere Gäste zahlreich. Für unsere Vorbereitungen und Gespräche trafen Susanne und ich uns immer im Café „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“. Welch ein wunderbares Omen, das Susanne gestern als solches erkannte.

Die interessanten Fragen, differenzierten Diskussionen und inspirierenden Gedanken klingen inspiriert in mir nach… Ich fühle mich sehr bereichert und erfüllt. Es ist immer wieder ein Erlebnis, zu sehen, wie der eigene künstlerische Ausdruck seinen Weg findet und mit den Betrachter.innen kommuniziert.

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Susanne und ich haben mit unseren Gästen über Installationen und Collagen gesprochen. Ich bin den Fragen nachgegangen, weshalb sie einen besonderen Reiz für den Umgang mit Erinnerungen ausüben. Sie sind für mich immer eine Herausforderung, Gewohnheiten werden umgekehrt, neue Denkstrukturen provoziert. Mich faszinieren die ungewohnten Wege und Kombinationen verschiedener Materialien. Susanne widmete sich intensiver den Installationen und deren Herausforderungen für den Kunstmarkt. Bei allem ging es um Erinnerungen und Veränderungen. In der Betrachtung der Vergangenheit ist für mich der Wandel allgegenwärtig.

Nachdenken über
das Leben
Veränderung
auf Reisen sein ankommen
Halt finden
auf der Suche sein wonach?
Halt in der Veränderung
das Leben erleben und gestalten
ein neuer Tag
nicht nur die Welt
sondern auch sich selbst entdecken
den Herausforderungen und
der Angst begegnen
in die Tiefe schauen
die Dunkelheit zulassen
es wissen wollen den fluss spüren
mit der Veränderung tanzen
beschwingt zulassen
wachsen

.

(c) Doreen Trittel

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Vor vielen Jahren haben Susanne und ich uns über unsere Blogs kennengelernt. Hierin schreiben wir nicht nur von unseren künstlerischen Arbeiten, sondern zeigen auch unsere Werke. Dies war unter anderem ein Punkt als wir über der Faszination von Originalen und den Möglichkeiten von Reproduktionen nachgingen.

„Aufgefordert, in aller Kürze den Begriff Kunst zu definieren, könnte ich ihn nur bezeichnen als die Reproduktion dessen, was unsere Sinne durch den Schleier der Seele von der Natur wahrnehmen.“

.

Edgar Allan Poe

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Ich habe mich sehr über die vielen neuen und bekannten Gesichter gefreut und ich bin für jede Begegnung dankbar. Die Wünsche und Grüße von Abwesenden haben uns ebenfalls wunderbar durch den Abend begleitet.

Wie Susanne den gestrigen Abend erlebt hat, kannst Du in ihrem Blog nachlesen: Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen – Bericht vom 16. KunstSalon.

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Ich werde über vieles am kommenden Freitag nochmals vor Ort nachdenken, wenn ich vor bzw. in unserer Installation stehe. Vielleicht magst Du Dich ja dazustellen, gern auch setzen. Von 10 bis 13 Uhr ist unsere Ausstellung am kommenden Freitag, am 23. März 2018 geöffnet: Atelier Susanne Haun, Groninger Str. 22, 13347 Berlin (4. Etage, leider ohne Fahrstuhl).

Die Ausstellung kann vom 21.3. – 4.5.2018 zu folgenden Öffnungszeiten besucht werden: Fr. 23. März 10 – 13 Uhr, Do. 5. April 15 – 18 Uhr, Mo. 9. April 15 – 18 Uhr, Fr. 20. April 10 – 13 Uhr, Do 26. April 15 – 18 Uhr, Do 3. Mai, 15 – 18 Uhr, Fr. 4. Mai 10 – 13 Uhr.

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

16. KunstSalon, (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

16. KunstSalon „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

ps: Ja, Du hast richt gesehen. Es gab auch Eierlikör in Schokobechern. Witzig, welche Erinnerungen auch bei unseren Gästen damit so verbunden waren.

Erinnerungen an der Wand – aber nicht nur

Erinnerungen an der Wand – aber nicht nur

Nach fast 9 Stunden steht und hängt unsere gemeinsame Installation. Auch unsere Collagen sind gerahmt und hängen. Alles ist bereit und freut sich auf interessierte und neugierige Blicke. Heute Abend heißt es: Herzlich Willkommen!

 

Aufbau "Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen" , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

Aufbau „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Susanne Haun und ich waren im Aufbau sozusagen abgetaucht. Zwischendurch waren wir immer wieder erstaunt, wie schnell die Zeit vergeht. Es war ein wunderbares Erlebnis, wie sich die einzelnen Elemente aus unseren Vorbereitungen herauskristallisierten und nach und nach ihren Platz fanden. Es war schön zu erleben, wie sich unsere Arbeitsschritte wortlos aufteilten. Ich kann Dir dazu auch Susannes Blogbeitrag zu unserem Aufbau-Tag empfehlen: Aufbau der Installation Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen.

 

Aufbau „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Heute Abend werden Susanne und ich zu ihrem 16. KunstSalon am Dienstag in ihrem Atelier nicht nur davon erzählen, wie wir auf die Idee zu diesem Werk gekommen sind und in welchen einzelnen Schritten wir es gemeinsam entwickelt und verwirklicht haben. Wir werden auch über Installationen und Collagen allgemein sprechen und der Frage nachgehen, welchen Reiz diese Ausdrucksformen auf uns ausüben.

Susanne präsentiert außerdem eine Auswahl an gezeichneten Fotocollagen mit Fotografien aus einem alten Fotoalbum. Von mir hängen einige Collagen aus der Serie „Postkartengrüße aus der Hauptstadt der DDR“, die ich das erste Mal im Original zeige. Bisher waren sie nur online in Form von Abbildungen zu sehen.

 

Aufbau "Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen" , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

Aufbau „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Alles ist bereit. Wir freuen uns auf einen schönen gemeinsamen Abend mit Dich, mit Euch.

Der 16. KunstSalon am Dienstag findet am 20. März 2018 um 18 Uhr statt,
in Atelierräumen der Künstlerin Susanne Haunin der Groninger Str. 22, 13347 Berlin.

Die Einladung einschließlich Programm kann als pdf hier heruntergeladen werden.

 

Aufbau "Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen" , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

Aufbau „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Aufbau "Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen" , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

Aufbau „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

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In meinem Blog: Eine Künstlerin, eine Collage und die Zeit | Zu Gast im KunstSalon + Ausstellung | KunstSalon – Der Prozess des Werdens | Die Geburtsstunde naht

 

Aufbau "Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen" , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

Aufbau „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Aufbau "Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen" , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

Aufbau „Künstlerischer Umgang mit Erinnerungen“ , (c) Susanne Haun und Doreen Trittel

 

Meine Installation im ehemaligen Frauengefängnis

Meine Installation im ehemaligen Frauengefängnis

Ich bin wieder entlassen worden, habe meine Sachen gepackt und das Gefängnis durch das Tor hinter mir gelassen. Eine Ausstellung in einem ehemaligen Frauengefängnis… Meine Kunst in einer buchstäblich dunklen Zelle… Das war eine Herausforderung, ein Erlebnis, das mich in vielerlei Hinsicht bereichert und durch die zahlreichen Besucher.innen, durch interessante Gespräche erfüllt hat. Heute möchte ich Dir gern meine Installation und die Zelle 8 auch hier in meinem Blog vorstellen.

In den nächsten Tagen, in den folgenden Beiträgen zeige ich Dir auch die Arbeiten meiner Zellengenossin Eva Gjaltema. Du bekommst einen Einblick in das Gefängnis allgemein und wenn Du dann noch magst, erzähle ich Dir von der Kraft der Musik an solch einem Ort und gebe Dir einen Blick hinter die Kulissen des Aufbaus der Ausstellung.

Bist Du bereit? Hinter diesen Mauern verbarg sich vielfältige Kunst in Form einer Ausstellung und eines abwechslungsreichen Programms unter dem Titel „Macht der Erinnerung“ am vergangenen Wochenende zum „Tag des offenen Denkmals“. Es ist das ehemalige Frauengefängnis in Lichterfelde, Berlin Steglitz – heute SOEHT7.

 

Soeht7, das ehemalige Frauengefängnis Lichterfelde, Berlin Steglitz, (c) hehocra

Soeht7, das ehemalige Frauengefängnis Lichterfelde, Berlin Steglitz, (c) hehocra

 

In meiner Installation habe ich folgende Elemente zu einer Präsentation zusammengestellt:

Opfer-Täter und Täter-Opfer, Patchwork-Decke, 160 x 198 cm, Herrenhemden und Bettbezug aus dem Familiennachlass der Künstlerin, in Handarbeit bestickt und beschrieben, 2017

Steh auf!, Kissen, 77 x 79 cm, Kissen aus dem Familiennachlass der Künstlerin in Handarbeit bestickt, 2014

Schießen für den Frieden (Teil 2), Zielscheiben jeweils 14 x 14 cm, mit Kugelfangkasten 15 x 16 cm, in Handarbeit gestaltet, 2017

Installation in der Zelle 8, ehemaliges Frauengefängnis SOEHT7, Berlin, (c) Doreen Trittel

Installation in der Zelle 8, ehemaliges Frauengefängnis SOEHT7, Berlin, (c) Doreen Trittel

 

In der gezeigten Installation beschäftige ich mich mit den Erinnerungen des Ortes, dem ehemaligen Frauen-Gefängnis, gepaart mit meinen persönlichen Kindheits-erinnerungen vor dem Hintergrund der ostdeutschen Geschichte.

Die Patchwork-Decke „Opfer-Täter und Täter-Opfer“ ist meine neueste Arbeit. Ich habe sie anlässlich der Ausstellung „Macht der Erinnerung“ angefertigt. Hierbei setze ich mich mit den Worten „Opfer“ und „Täter“ auseinander. Opfer und Täter, zwei Worte, die sich erst durch unsere Assoziationen, unsere Ein- und Zuordnungen, durch Definitionsversuche und auch durch unser Urteil mit Leben füllen. Der helle Stoff, die einzelnen Quadrate stammen von alten Herrenhemden, die Rückseite von einem alten Bettbezug meiner Großeltern.
Auch das Kissen ist aus dem Nachlass meiner Familie. Die gestickte Aufforderung „Steh auf!“ beschreibt den Wunsch und den inneren Kraftakt, sich zu hinterfragen und zu verändern.
Die Zielscheiben entwickelte ich aus einer Installation mit dem Titel „Schießen für den Frieden, Teil 1“. Die Bearbeitung und damit Zweckentfremdung der Zielscheiben stehen für die Veränderung im Umgang mit den Schatten der Vergangenheit.

Die Kombination dieser drei Arbeiten präsentiere ich erstmalig an diesem Ort. Sie sind alle in Handarbeit und unter Verwendung neuer sowie alter Materialien entstanden. Dieser Prozess wirft immer wieder Fragen auf und löst Veränderungen aus – Stich für Stich, Buchstabe für Buchstabe.

 

'Steh auf!' und 'Opfer-Täter und Täter-Opfer', Installation, Ausschnitt, (c) Doreen Trittel

‚Steh auf!‘ und ‚Opfer-Täter und Täter-Opfer‘, Installation, Ausschnitt, (c) Doreen Trittel

 

Schießen für den Frieden, Teil 2, Installationin der Zelle 8, ehemaliges Frauengefängnis SOEHT7, Berlin, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 2, Installationin der Zelle 8, ehemaliges Frauengefängnis SOEHT7, Berlin, (c) Doreen Trittel

 

Installation, Details, (c) Doreen Trittel

Installation, Details, (c) Doreen Trittel

 

Soeht7, Besucher.innen, (c) hehocra

Soeht7, Besucher.innen, (c) hehocra

 

An mehreren Tagen hintereinander hinter Gefängnismauern… Mein erster Besuch fühlte sich sehr beklemmend an. Aber mit den vielen vielfältigen, farbenfrohen, musikalischen, spannenden und interessanten Erlebnissen hat sich der Ort für mich mit viel positiver Energie gefüllt. Insbesondere auch durch meine Auseinandersetzung sowie der inspirierenden und wertschätzenden Zusammenarbeit mit Eva Gjaltema in unserer Zelle 8 habe ich das denkmalgeschützte Gebäude als sehr belebend wahrgenommen. Eine faszinierende Wandlung auf mehreren Ebenen.Ich danke allen, allen, die die Gelegenheit, die Zeit und den Mut hatten, uns dort zu besuchen. Ich danke allen, die mich im Vorfeld (Work in Progress) bis hin zur Präsentation vor Ort begleitet und unterstützt haben. Dafür bin ich sehr dankbar und fühle mich reich beschenkt. Herzliche Grüße, Doreen

 

'Steh auf!' und 'Opfer-Täter und Täter-Opfer', Installation, Ausschnitt, (c) Doreen Trittel

‚Steh auf!‘ und ‚Opfer-Täter und Täter-Opfer‘, Installation, Ausschnitt, (c) Doreen Trittel

 

ps: Aber ja, es bleibt ein ehemaliges Gefängnis, in dem einst Menschen eingesperrt wurden…

Die Nadeln liefen heiß. Die Finger bluteten.

Die Nadeln liefen heiß. Die Finger bluteten.

Naja, ich gebe zu, ganz so schlimm war es nicht. Aber ein paar Nadeln litten und auch meine Finger bekamen den ein oder anderen Stich versetzt. Zwischendurch hatte ich Bedenken, ob ich es schaffen würde, alles rechtzeitig fertigzustellen…

Aber worum geht es überhaupt? Am kommenden Freitag, am 8. September 2017 findet die Vernissage der Ausstellung „Macht der Erinnerung“ im ehemaligen Frauengefängnis Lichterfelde, Berlin statt.

Im Mai diesen Jahres erfuhr ich hiervon und machte mir mit meiner Künstlerkollegin Eva Gjaltema Gedanken, was wir ausstellen könnten. An Pfingsten besuchte ich den Ort das erste Mal. Eva und ich teilen uns die Zelle 8. Dies ist eine Doppelzelle mit zwei schweren Metalltüren, mit dunkelgrau gestrichenen Wänden und Decken, mit einem Waschbecken und  Spiegel. Ich hatte vorab einige Ideen für diesen Raum, doch als ich das erste Mal dort stand, musste ich sie alle verwerfen. Mit dieser Kraft des Gebäudes hatte ich nicht gerechnet, auch nicht wie sehr die Erinnerungen des Ortes spürbar sind. In dem Moment wurde mir klar, dass in genau diese Zelle etwas Textiles muss. In diesem Raum, an diesem Ort liegen viele Gegensätze. So begannen wir mit unseren Überlegungen wieder von vorn… und ich hoffe sehr, es wird Dich, die Besucher.innen ansprechen.

Im Juni fasste ich den Entschluss für eine textile Installation aus drei Elementen. Eines davon stammt aus dem Jahr 2014 und wurde noch nie veröffentlich. Weitere Elemente habe ich in der ersten Hälfte diesen Jahres entwickelt und in ähnlicher Form bereits beim Kunstfestival 48-h-Neukölln gezeigt. Die zentrale Arbeit für die Ausstellung „Macht der Erinnerung“ hatte ich bisher nur in meinem Kopf. Ich wollte ein Thema aufgreifen, mit dem ich mich bereits 2015 in einer Papier-Mix-Arbeit beschäftigt hatte. Die Idee war da und ich begann, eine Skizze zu machen und einen Zeitplan zu entwerfen. Mir war klar, dass es für mich zeitlich eine Herausforderung wird. Aus alten Herrenhemden, die ich in den letzten Jahren sammelte, schnitt ich 63 gleich große Quadrate und begann, 60 davon nach und nach zu besticken und zu beschreiben. Überall, wo sich Wartezeiten ergaben, holte ich mein Nähzeug heraus. Abends kamen die Textilstifte zum Einsatz. Und es klappte: Wie geplant, hatte ich alle Stoffteile bis Ende August fertig.

 

Work in progress - Momentaufnahmen, (c) hehocra

Work in progress: Momentaufnahmen, (c) hehocra

 

Dann kam das Finale vom Work in progress: Die Zusammenstellung aller Einzelteile. So etwas hatte ich bis dahin in diieeser Größe noch nie gemacht. Einige Nähte mussten mehrmals aufgetrennt und neu genäht werden. Zwischendurch bekam ich Zweifel, ob meine gute, alte Nähmaschine durchhalten würde. Dann tauchten Bedenken auf, ob ich überhaupt rechtzeitig fertig werden würde. Wer mir auf Instagram, Facebook oder Twitter folgt, konnte dies beobachten. Der Mut machende Zuspruch, hilfreiche Tipps und teilweise sehr tief gehende Gespräche mit Freunden, Bekannten, meiner Familie und Künstlerkolleginnen halfen mir, diese Tiefs auszuhalten, durchzuhalten und beharrlich weiter zumachen. Pünktlich ist die Arbeit nun fertig geworden und ich bin sehr zufrieden. So hatte ich es mir vorgestellt und gleichzeitig ist es so anders geworden. Ob Ende gut alles gut ist, wird sich dann in der Ausstellung und an den Reaktionen zeigen.

Insgesamt hatte ich aber viel Spaß und Freude bei der Umsatzung meiner Idee. Ich stickte im Zug auf Reisen, auf Spielplätzen, ja sogar auf einem Friedhof, in den Bergen und im Café bzw. Restaurant… und hatte so manch interessante Begegnung.

 

Selbstporträts mit Stickrahmen, (c) hehocra

Selbstporträts mit Stickrahmen, (c) hehocra

 

Nun bin ich sehr gespannt, wie die Installation mit den drei Elementen in der Zelle wirken und ob mein Konzept aufgehen wird. Die Aufregung steigt. Gleichzeitig freue ich mich auf das Zusammenspiel mit den Arbeiten der Künstlerin Eva Gjaltema. Und ich bin wahnsinnig neugierig auf die anderen Präsentationen der ausstellenden und darbietenden Künstlerinnen und Künstler.

Noch ein Tipp: Ich selbst bin am Freitagabend und am Sonntag im Gefängnis. Am Samstag habe ich Freigang.

** Du bist herzlich eingeladen. Ich freue mich auf Deinen Besuch. **

 

Ausstellung zum “Tag des offenen Denkmals” am Samstag, 9.9.2017, 11 – 20 Uhr und Sonntag, 10.9.2017, 11 – 18 Uhr

Vernissage: 8. September 2017, 19 Uhr

ORT: ehemaliges Frauengefängnis Lichterfelde, Soehtstr.7, 12203 Berlin

mit Führungen und Programm

Teilnehmende Künstler.innen: Tesfa Ande. M I Eva Gjaltema I Peter Hahn I Angélique Preau I Christine Pöttker I Ulrike Reetz I Marty Sander I Dieter Strothmann I Doreen Trittel I Bodo Viebahn I Gesine Wenzel

Veranstalter: KUNST.RAUM.STEGLITZ. e.V., www.kunstraumsteglitz.de

Die Informationen und den Ausstellungsflyer findest Du auch unter Aktuelles oder in diesem Beitrag von mir: Ich werde ins Gefängnis gehen.

 

Mit der großen, kuscheligen Volumenfließrolle durch's sommerliche Berlin, (c) hehocra

Mit der großen, kuscheligen Volumenfließrolle durch’s sommerliche Berlin, (c) hehocra

 

 

 

Schießen für den Frieden, Teil 1 und Teil 2

Schießen für den Frieden, Teil 1 und Teil 2

Die Installation mit dem Titel „Schießen für den Frieden, Teil 1 und Teil 2“ habe ich bei 48-h-Neukölln 2017 erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert. Heute möchte ich sie Dir gern auch hier vorstellen. Der erste Teil der Installation zeigt meine Erinnerungen und meine heutige Sicht auf meine Erfahrungen als Kind in der DDR, auf die Militarisierung einer Gesellschaft von Kindesbeinen an. Der zweite Teil steht für die Veränderung im Umgang mit den Schatten der Vergangenheit.

 

Schießen für den Frieden, Teil 1, Installation, ca. 80 x 80 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 1, Installation, ca. 80 x 80 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

 

Schießen für den Frieden, Teil 2, Installation, je 15 x 16 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 2, Installation, je 15 x 16 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

 

Die Schwarz-weiß Fotografien der Installation, Teil 1 von Doreen Trittel zeigen ein Kind in den 80igern. Es sind private Fotografien, wie sie aus vielen Fotoalben sein können. Daneben prangen Kugelfangkästen aus Metall. Im Allgemeinen dienen sie beim Schießen als Halterung für Zielscheiben und als Auffangmöglichkeit für abgeschossene Kugeln. In diesen Kugelfangkästen sind originale Zielscheiben mit Einschusslöchern. Sie stammen von diesem Kind. Handgranaten- und Wurfgranatenweitwurf gehören als sportliche Disziplinen in den Schulunterricht. Manöverübungen fördern den Wettkampf und Zusammenhalt der Kinder: Im Ferienlager antreten, im Gleichschritt marschieren und singen, durch den Sand robben, über Sturmwände klettern und mit dem Luftgewehr schießen. Doreen Trittel ist in der DDR geboren. Sie wächst als Stasikind in einem System auf, das für sich die alleinige Wahrheit und das Recht in Anspruch nahm, und in dem der Kampf für Frieden und Sozialismus propagiert wird.

Über 25 Jahre sind seit dem Ende der DDR vergangen. Doch Doreen Trittel hat sich für die Auseinandersetzung und Veränderung entschieden. Im 2. Teil der Installation wendet sie sich den Zielscheiben zu und gestaltet sie mit kreativen Mitteln. Hierfür verwendet sie teilweise auch alten Materialien, wie hier aus dem Nähkasten der Oma. Dabei lässt sie die Schatten der Vergangenheit mitspielen, die dadurch eine neue Form des Ausdrucks und Wege der Wandlung erfahren. Gleichzeitig fließen aktuelle gesellschaftliche Strömungen mit ein. In der Ausstellung ist ein Teil aus diesem Werk zu sehen, das inzwischen mehrere Zielscheiben zählt und weiter wächst.

Diesen Text hast Du vielleicht hier in der Vorschau schon einmal gelesen. Heute gibt es ihn mit den Bildern der Installation hier im direkten Zusammenhang. Und noch ein paar Infos zum Entstehungsprozess: Die Kombination der Zielscheiben mit den Kinderfotos entstand Ende letzten Jahres. Für 48-h-Neukölln habe ich an der Präsentation gearbeitet und mir fielen die Kugelfangkästen ein. Bei meinen Recherchen stieß ich auf die neuen Zielscheiben, die ich dann begann, auf verschiedenen Wegen zu einzelnen dreier Serien zu bearbeiten. Für die Ausstellung wählte ich die obige Serie aus.

 

im Gespräch, 48-h-Neukölln, Ausstellung, (c) hehocra

…im Gespräch, 48-h-Neukölln, Ausstellung, (c) hehocra

 

Besucher.innen, 48-h-Neukölln, Ausstellung, (c) hehocra

Besucher.innen, 48-h-Neukölln, Ausstellung, (c) hehocra

 

Viele, sehr interessante Gespräche habe ich führen dürfen, die mich unglaublich bereichert haben und für die ich sehr dankbar bin. Sie zeigen mir, dass dieses Thema die Menschen auf vielen Ebenen und über die Landesgrenzen hinaus beschäftigt und zum Nachdenken anregt. Dass ich dazu mit meinen Arbeiten einen Beitrag leisten kann, dass macht mich glücklich.

Auch wenn sich diese Arbeit aus der Vergangenheit heraus entstanden ist, wirft sie doch aktuelle Fragen auf: Wie ist unser Verhältnis zu Waffen? Sind wir bereit, eine Waffe in die Hand zu nehmen? Worauf zielen wir? Wie ist unser Umgang mit Waffen? Wann ist Schießen Sport? Wann wird es zum Mord? Ein Wettkampf? Welche Macht üben Waffen aus? In welch einer Gesellschaft leben wir heute? Wie sind unsere individuellen Erfahrungen im Umgang mit Waffen? Fühle ich mich sicherer, wenn ich eine Waffe besitze?… Schießen für den Frieden, eine Losung, die auch heute noch gerufen wird. Ein Paradoxon, wie ich finde.

 

Schießen für den Frieden, Teil 2, Details, Installation, 14 x 14 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 2, Details, Installation, 14 x 14 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

 

Schießen für den Frieden, Teil 2, Details, Installation, 14 x 14 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 2, Details, Installation, 14 x 14 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

 

Schießen für den Frieden, Teil 2, Details, Installation, 14 x 14 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 2, Details, Installation, 14 x 14 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

 

Schießen für den Frieden, Teil 1, Installation, ca. 80 x 80 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 1, Installation, ca. 80 x 80 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

 

Wie sind Deine Ansichten? Was lösen diese Arbeit und meine Worte dazu bei Dir aus?

 

ps: Im nächsten Beitrag werfen wir einen Blick auf die Arbeiten meiner Künstlerkolleg.innen.