von hehocra | Feb. 16, 2019 | 30 Jahre... - Kunst & mehr, Ostdeutsches |
1990 der erste Sommer mit der D-Mark: Am 1. Juli wurde die D-Mark in der DDR eingeführt. Das war das Ende der Ost-Mark. Wieder bildeten sich lange Schlangen vor den Banken – aber dieses Mal in Ost-Berlin. Viele Konten und Sparbücher wurden neu eingerichtet. Denn der Umtauschkurs 1:1 war pro Person und Konto begrenzt.
Bevor ich nach Abschluss der 10. Klasse aufs Gymnasium ging, verbrachte ich den Sommer auf der Insel Rügen. Dort arbeitete ich in einem Ferienlager für Kinder aus Schwerin, der heutigen Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern. Ich putzte und half in der Küche. Ich verdiente mein erstes eigenes West-Geld.

Lachende Seegurke, Taufurkunde vom Neptunfest, (c) privat
Es war im August 1990. Trotz Toiletten putzen und Geschirrberge spülen war es ein herrlicher Sommer. Die zehnte Klasse und die damit verbundenen Abschlussprüfungen lagen hinter mir. Ich war stolz auf mich, gerade in diesen unsicheren Zeiten. Der Sommer dagegen war unbeschwert. Beim Neptunfest wurde ich auf den Namen „Lachende Seegurke“ getauft. Nachts leuchtete der Sternenhimmel, mit anderen tauchte ich in seine endlosen Weiten ein, während wir auf einer Tischtennisplatte lagen. Bei einer Sternschnuppe wünschte ich mir eine schöne Abiturzeit mit neuen Freunden. Denn nach dem Sommer sollte ich ans Gymnasium wechseln. Die vorpredige Neugier erfüllte mich und ließ mich zuversichtlich in die Zukunft schauen.

Ostsee, analog, (c) Doreen Trittel
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Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Blogaktion 28 Tage Content von Anna Koschinski. Gleichzeitig ist er ein Teil meiner Aktionen rund um das Jubiläum 30 Jahre Mauerfall.
von hehocra | Feb. 15, 2019 | Gedichte, Blogaktionen, Collagen |
Schreib-Beginn
innehalten
zur Ruhe kommen
sich besinnen
dem Innersten zuwenden
die Welt vergessen
wie bei einem guten Roman
ganz bei sich sein
Schreibfreude
Mut & Neugier
sich selbst vertrauen
mit Selbstvertrauen
Schreib-Fluss
scheinbar wirr
dennoch schreiben, schreiben
die Worte lesen, ihnen nachfühlen
welche Zeilen ziehen den Blick auf sich?
ihnen nachforschen, schreiben
schreiben, was auch immer daraus entsteht
ein Gedicht, eine kurze Geschichte
oft liegen Tage, Wochen, sogar Jahre dazwischen
den Text aus der Schublade holen, spielen
suchen nach Fragen, sie stellen, Antworten finden
den eigenen Weg gehen

Collagen auf Seiten eines BGB-Kommentars, je 16×24 cm, 2016 (c) Doreen Trittel
Schreib-Angst
von nagenden Gedanken geplant
sie verstoßen, nicht hören
nicht auf den Grund gehen
erst recht nicht schreiben, keine Ziele
dann stehen sie da, schwarz auf weiß
sind die Gefühle fixiert, verortet, ans Tageslicht gebracht
was holt der Stift hervor? Angst
Wunschtraum: weiß das Blatt, unschuldig, schneeweiß
doch die Worte fließen
der Stift gleitet
er schreibt und schreibt
Schreib-Ziel
schreiben allein
oder mit anderen
den roten Faden finden
der Poesie des Lebens folgen
bis auf den Grund des Meeres
Erinnerungen, Erfahrungen
ihnen die Hand reichen
begleitet vom Licht
aufsteigen federleicht
gewachsen
befreit
2007, (c) Doreen Trittel

Schreiben für…, Collage auf einer Seite eines BGB-Kommentars, 16x24cm, 2016, (c) Doreen Trittel
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Dieser Beitrag erscheint im Rahmen der Blogaktion 28 Tage Content von Anna Koschinski.
von hehocra | Feb. 14, 2019 | Blogaktionen |
Der 14. Februar ist für mich nicht der Valentinstag. Davon halte ich nichts. In diesem Jahr bedeutet der 14. Februar für mich, dass die Hälfte der Aktion 28 Tage Content geschafft ist. Ich hatte mir hierfür vorgenommen, jeden Tag einen Blogbeitrag zu veröffentlichen. Den heutigen Tag möchte ich dafür nutzen, um kurz innezuhalten, diese Tage Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf die zweite Hälfte zu wagen.

Tulpen weiß, 2016, (c) Doreen Trittel
Abgetaucht
Für die Beiträge in den letzten Tagen bin ich tief in mein Archiv abgetaucht, wörtlich – naja mitunter auch bildlich – gesprochen. Dort schlummern Textfragmente, Erinnerungsschnipsel, Ideen und Gedichte. Ich habe den Staub der Jahre von den Zeilen gewischt, hier und da etwas umformuliert bzw. einen neuen Kontext hergestellt.
Ausgelöst
Mit dabei waren Erinnerungen aus längst vergangenen Zeiten, die aber mit dem 30. Jahrestag des Mauerfalls wieder präsenter werden. Meine Erinnerungen waren Auslöser für die Auseinandersetzung in verschiedenen Installationen, Collagen, Texten und Fotografien.
Abgestaubt
Parallel dazu habe ich Gedichte aus einer anderen Zeit meines Lebens hervorgeholt. Diese Zeilen stammen aus einer Phase persönlicher Umbrüche. Sie haben mir damals große Zuversicht geschenkt. Dies möchte ich gern an Dich weitergeben.
Aufgetaucht
Ein paar Inhalte aus meinem Archiv habe ich noch. Diese folgen in den nächsten 14 Tagen. Ich werde die Mischung der Inhalte und der Beitragslängen beibehalten. Das ein oder andere Kunstwerk möchte noch vorgestellt bzw. seine Geschichte erzählen dürfen. Ebenso Bücher, die ich Dir empfehlen kann. Die Sammlung der Gedichte aus und für Umbruchsphasen möchte ich gern um weitere Zeilen erweitern. Da ich nach dieser Halbzeit etwas die Kraft verliere bzw. einen Durchhänger habe, widme ich mich auch dem Thema Schreiben. Aber keine Sorge. Solche Durststrecken gehören dazu. Ich kenne sie schon.

Tulpen weiß, 2016, (c) Doreen Trittel
Dankesehr
Ich freue mich, dass Du mit dabei bist. Wenn Du wünsche für Blogbeiträge oder Fragen an mich hast, die Du mir gern stellen möchtest, dann schreibe mir doch einfach im Kommentar oder eine direkte Nachricht.
Ich freue mich, mit der Teilnahme an der Aktion von Anna Koschinski,Teil einer inhaltsreichen Gemeinschaft bin. Viele machen mit und entwickeln ihre eigenen Inhalte in unterschiedlichen Formaten.

Frühlingsgruß, 2016, (c) Doreen Trittel
Folgende Beiträge mit Texten, Installationen, Collagen und Fotografien sind bisher erschienen:
Schulfete war langweilig / Vor einem Jahr: 10.316 Tage / 3 Trompeterbücher mit 2 Widmungen / Sommer 1985 – Immer bereit! / Sommer 1989 – Menschen flüchten #30jahremauerfall
Im Meer der Schichten / Loslassen / Mich sehen / Verändertes Leben / Lang war die Nacht / annehmen / Zukunft #gedichte
Eine Reise: 28 Tage neue Inhalte – der Start
von hehocra | Feb. 13, 2019 | Gedichte |
Zukunft
morgen ist die Zukunft
einen Schritt nach dem anderen
Worte der Verunsicherung
Fragezeichen
in welche Richtung?
mitten im Leben
leben, atmen, fühlen
Worte des Zweifelns
vertrauen
voller Zuversicht
die Augen schließen
den Gedanken entfliehen
in den Gefühlen schweben
die Flügel ausbreiten
in den Lüften gleiten
hoch oben mit
dem Wind im Sonnenschein
das Leben atmen
den liebevollen Stimmen
lauschen, sie hören, aufnehmen
ihnen vertrauen, sich selbst
wieder tanzen können
Fragezeichen
Ausrufezeichen
Freude-strahlend
Funken-sprühend
2007, (c) Doreen Trittel

Tulpe rot, 2016, (c) Doreen Trittel
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Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Blogaktion 28 Tage Content von Anna Koschinski.
von hehocra | Feb. 12, 2019 | 30 Jahre... - Kunst & mehr, Ostdeutsches |
Den folgenden Text habe ich später, etwa 15 Jahre nach dem Mauerfall, im Rückblick geschrieben. Er ist ein Erinnerungsschnipsel aus meinem Sommer 1989, in dem ich in einer Kantine für Bahnmitarbeiter.innen irgendwo in der Prignitz, Brandenburg als Ferienjob arbeitete.
Sommer 1989. Es war die Zeit der Republikflüchtlinge. Menschen besetzten im sozialistischen Ausland westdeutsche Botschaften oder flohen über die Grenzen Ungarns ins unbekannte und ferne Deutschland.
Auch darüber sprachen wir, während unsere Hände Gemüse putzten. Jeder kannte irgendjemanden, der aus seinem Urlaub nicht zurückkehrte. Familien, Freunde und Kollegen fühlten sich verlassen, ohne einen Gruß von den Flüchtigen zurückgelassen. Sie kamen einfach nicht mehr nach Hause, erschienen einfach nicht mehr auf Arbeit. Komplette Wohnungen und Häuser standen plötzlich leer. Unzählige Fragen blieben unbeantwortet: Wie geht es den Flüchtigen? Was wird aus den Zurückgebliebenen? Was wird aus dem Hab und Gut? Während wir in der Bahnhofsküche darüber sprachen, spürte ich, bei den einen unbeschreiblichen Neid und den anderen eine von Traurigkeit gefüllte Leere.

unterwegs, analog, (c) Doreen Trittel
Ich verstand nicht, wie die Menschen dies tun konnten. Wie sie ihre Familien, ihre Freunde und ihr zu Hause so plötzlich zurücklassen konnten. Damals war mir bewusst, dass vieles in unserem Land geändert werden musste. Doch dachte ich aus meiner jugendlichen Perspektive, dies konnte nur angepackt werden, wenn die Menschen bleiben und zusammenhalten.

unterwegs, analog, (c) Doreen Trittel
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Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Blogaktion 28 Tage Content von Anna Koschinski. Gleichzeitig ist er ein Teil meiner Aktionen rund um das Jubiläum 30 Jahre Mauerfall.
von hehocra | Feb. 11, 2019 | Gedichte |
annehmen
atmen
die Luft,
die uns die Welt schenkt
erfahren
die Wunder,
die uns die Jahreszeiten bereiten
spüren
die Energie,
die uns die Natur überreicht
annehmen
das Glück aus uns selbst
das Glück um uns herum
annehmen
2007, (c) Doreen Trittel

Kräuterstrauß, 2015, (c) Doreen Trittel
Dieser kleine Strauß erreichte mich einst in einer Zeit, in der meine Welt ins Wanken geriet. Noch heute beglückt mich diese kleine Geste, die von Herzen kam. #dankbar
von hehocra | Feb. 10, 2019 | Gedichte, Collagen |
lang war die Nacht
mit dem leben heute
auf die erinnerungen und erfahrungen
in die vergangenheit blicken
und
mit den erinnerungen und erfahrungen
der vergangenheit
auf das heute blicken
fragen, betrachten, lernen
weit vorangekommen
voller stolz – ausruhen
ein lächeln auf den lippen
die gegenwart umarmen
auf das morgen freuen
(c) Doreen Trittel, 2005

Reise ins Innere, Collage, Nr. 2 von 7, 59×42 cm, 2017 (c) Doreen Trittel
Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Blogaktion 28 Tage Content von Anna Koschinski.
von hehocra | Feb. 9, 2019 | 30 Jahre... - Kunst & mehr, Installationen, Ostdeutsches |
Im Sommer 1985 war ich in der Pionierrepublik am Werbellinsee. Das war eine große Auszeichnung, daher traute ich mich niemandem zu erzählen, dass ich mich einfach gemeldet hatte, als eine Lehrerin in den Klassenraum der Russisch-AG (Arbeitsgemeinschaft) rief: Wer möchte…? Auch wenn mir das niemand glaubt… Egal.
…1949 beschloss der Ministerrat der DDR den Bau der Pionierrepublik… Die Pionierrepublik Wilhelm Pieck orientierte sich in ihrer Gestaltung weitgehend am sowjetischen Allunions-Pionierlager Artek auf der Krim. Nachdem sie in den Anfangsjahren als Erholungsstätte für Kriegswaisen fungierte, diente sie in den Folgejahren bis 1989 der politischen Erziehung von Mitgliedern der Pionier- und FDJ-Organisation der DDR.
Nach Erweiterungen und Umbauten hatte die Anlage 1989 eine Fläche von insgesamt 1,1 km². Zu den Einrichtungen auf dem Lagergelände gehörten eine Kinderkrippe, eine Polytechnische Oberschule, Sporthallen, Cafés und eine mongolische Jurte.
Die Gesamtzahl der Besucher der Pionierrepublik wird auf etwa 400.000 geschätzt. Ab 1961 wurden auch internationale Sommerlager gestaltet, an denen auch Kinder ausländischer sozialistischer und kommunistischer Jugendorganisationen, auch aus westlichen Ländern, teilnahmen… (Wikipedia)

Sommer 1985, 1/2, 33 x 47 cm, 2012, (c) Doreen Trittel
Vor einigen Jahren habe ich diese Erfahrung zum Thema einer Installation gemacht. Sie beinhaltet den offiziellen Flyer und mein persönliches Tagebuch von damals.
Ja, meine Tage dort – es waren 6 Wochen – waren von Pionieraktivitäten geprägt: ständig das Halstuch tragen, zu besonderen Anlässen die komplette Pionierkleidung, Frühsport, Fahnenappelle, Wandzeitungen, Arbeiten in der Produktion, Kranzniederlegungen… Auf der anderen Seite erinnere ich mich an: Freunde, Nachtwanderung (eine erlaubte und eine nicht erlaubte), Eisessen, baden, Dampferfahrt, Feste, Theater und meinen ersten Kuss…

Sommer 1985, 2/2, 33 x 47 cm, 2012, (c) Doreen Trittel
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Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Blogaktion 28 Tage Content von Anna Koschinski. Gleichzeitig ist er ein Teil meiner Aktionen rund um das Jubiläum 30 Jahre Mauerfall.
von hehocra | Feb. 8, 2019 | Blogaktionen, Gedichte |
verändertes Leben
Abschied in der
Hoffnung auf ein
Wiedersehen in
der Veränderung
im Fluss des Lebens
gemeinsam den
Weg oder allein
das Leben leben
verdrängen den
Schmerz akzeptieren
aushalten mit dem
Blick zum Licht
daran wachsen
durch sich selbst
vertrauen formen
anpacken handeln
sehnsüchtig
mit viel Energie
pause ausruhen
in sich kehren
bereit für den
Lauf des Lebens
Träume Ziele
mit der Vergangenheit
vereint neugierig
heute Zukunft
2007, © Doreen Trittel

Blüte mit Blütenblatt, (c) Doreen Trittel
von hehocra | Feb. 7, 2019 | Gedichte, 30 Jahre... - Kunst & mehr |
mich sehen
mit meinen Augen
mit dem Verstand
mit dem Gefühl
von außen, von innen
mit jeder faser
mit allem, was geht
mit deinen Augen
mit euren Augen
bin das ich
seid das ihr
wir?
© Doreen Trittel, 2010

Selbstporträt, 2017, (c) Doreen Trittel
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Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Blogaktion 28 Tage Content von Anna Koschinski. Gleichzeitig ist er ein Teil meiner Aktionen rund um das Jubiläum 30 Jahre Mauerfall.