von hehocra | Okt. 27, 2017 | Fundstücke |

Vitrine der Fundstücke, by hehocra
Heute wird es mal wieder Zeit für meine Fundstücke. Fundstücke, das sind interessante Beiträge, die mir im Netz über den Weg geklickt sind, oder inspirierende Ereignisse, die ich Dir empfehlen möchte. Wenn Du spannende Tipps hast, die meine Leser.innen und mich interessieren können, dann immer her damit. Schreibe mir in den Kommentaren oder via Kontakt. Dankeschön.
Beginnen möchte ich gleich mit dem Link zu meinem Gastbeitrag bei der Künstlerin Sabine Küster: Stellt Euch doch mal vor – Gastauftritt IX. …wer nicht fragt, bleibt dumm. Ich habe ein paar Fragen beantwortet, zumindest habe ich es versucht.
Faktor X – Gibt es eine Erfolgsformel für Kunst? – ein Artikel, der versucht, eine Antwort zu finden. Ich habe ihn interessiert gelesen. Habe ich mir doch kürzlich auch Gedanken über den Erfolg gemacht: Wir wollen ihn alle, den Erfolg!
„One day young“ ist ein sehr berührender Bildband mit Fotografien von Jenny Lewis, die Frauen mit ihren sehr jungen, neugeborenen Kindern zu Hause porträtiert. Das Online-Fotomagazin Kwerfeldein hat die Fotografin interviewt. Das Buch wurde hier – Buchtipp – vorgestellt.
In einem Fernsehbeitrag der Sendung „KUNSCHT!“ mit Denis Scheck bin ich auf die schottische Künstlerin Georgia Russell aufmerksam geworden. Sie fertigt faszinierende Arbeiten aus Büchern, und das mit einem Skalpell. Eine irre Technik. Live sind die Werke sicher nochmal beeindruckender. Hier geht’s zum Porträt in der Mediathek des SWR.
Aufgrund einer unerwarteten und überraschenden Entdeckung können wir heute Bilder betrachten, die vor Jahrzehnten von Ruth Wolf-Rehfeldt getippt wurden, ja, mit der Schreibmaschine: Typewritings. Der Artikel porträtiert die Scheibmaschinen-Künstlerin aus der DDR, deren Arbeiten in diesem Jahr auch auf der Documenta in Kassel zu sehen waren.
Zum Abschluss habe ich noch zwei Tipps für Berlin:
„Das Kunstwerk im Bilderbuch“ – Im Eichhörnchenverlag gestalten Künstler.innen Bücher für Babys und Kleinkinder. Susanne Haun hat den Anfang gemacht. Am 14.11.2017 präsentiert sie ihre Originale in einer Ausstellung und begrüßt Nina Alice Schuchardt vom Verlag zu ihrem 15. Salon. Du bist auch herzlich eingeladen. Ich werde den Salon besuchen und freue mich auf einen inspirierenden Abend.
In der Galerie „DasLabor“ in Berlin Neukölln sind noch bis zum 17. November 2017 Arbeiten der Künstlerin Aino Onia und π aka Peter Ehrentraut zusammen mit den Bilderni von Nicolas Nicopol zu sehen. Die Ausstellung trägt den Titel: modern talking. Aino Onia wird täglich von Montag bis Freitag von 13 bis 14 Uhr live an ihrem Projekt „My first Million“ weiterarbeiten. Unbedingte Empfehlung. Ich mag es sehr und bin immer wieder von der Idee, der täglichen und konsequenten Umsetzung und den Gedanken hinter dieser Arbeit beeindruckt. (Mit Aino Onia und Peter Ehrentraut bin ich in der Künstlergruppe „Kontrapunkt“.)
Hast Du anregende Tipps für mich? Schreibe mir in den Kommentaren oder via Kontakt. Ich freue mich.
von hehocra | Okt. 16, 2017 | Blogaktionen |
Wie ist das eigentlich, wenn ich eine Ausstellung, ein Museum besuche, wenn ich Kunst und Kultur betrachte? Wie schaue ich? Was kann es in mir auslösen? Diesen und ähnliche Fragen möchte ich mich heute widmen.
Angeregt hierzu wurde ich durch die Blogparade Verloren und wiedergefunden? – Mein Kulturblick | #KultBlick des Archäologischen Museums Hamburg in Zusammenarbeit mit Dr. Tanja Praske von Kultur – Museum – Talk. (Einige Fragen stammen aus dem Aufruf zur Blogparade, andere habe ich mir beim Gedanken machen und aufschreiben selbst gestellt.)
Zunächst beginne ich mit zwei Fragen, die das Thema bzw. die Begriffe eingrenzen. Begleitet wird der Text von Fotografien, die ich in verschiedenen Museen gemacht habe.

Spiegelung im C|O Berlin, 2016, (c) hehocra
Wie sind die Begriffe Kunst und Kultur zu verstehen?
Hierzu gibt die Blogparade des Museums folgende Auskunft: „Der Begriff ‚Kulturblick‘ mag etwas konstruiert klingen… In #KultBlick soll es nicht um den Kulturbegriff gehen, sondern darum, wie Du und wir auf Kultur blicken. Wir gehen in unserer Arbeit analytisch mit Kunst und Kultur um. Unser Blick auf sie ist speziell. Dein Blick ist sicher ein anderer und genau den möchten wir von dir erfahren – Denkanstoß für uns und vielleicht auch für dich. Wohin führt das? Lassen wir uns überraschen!“
Wie bewerte ich als Künstlerin Kultur und Kunst?
Kultur und Kunst gehören zu meinem Leben. Ich lebe davon. Ohne Kunst und Kultur kann ich nicht sein. Daher habe ich hierfür immer einen Blick. Aber er hat sich verändert, er verändert sich, so wie ich mich ändere, wie sich unsere Welt verändert. Hinzu kommt, dass ich in einer anderen Kultur, von der DDR geprägten Kultur, aufgewachsen bin. Aber für diese Blogparade möchte ich dieses umfassende Thema deutlich eingrenzen: Mein Interesse liegt bei der Zeitgenössischen Kunst, bei der Modernen Kunst. Deshalb bezieht sich mein Kulturblick in diesem Beitrag auf meinen Blick hierauf. Um es zeitlich einzugrenzen: die Kunst seit Ende des 19. Jahrhunderts bis heute.
Heute ist mir bewusst, dass mein Blick schon immer davon geprägt war, dass ich selbst auch Kunst mache. In meinen zaghaften unsicheren Zeiten war es eher ein bewunderndes Aufschauen. Die Bewunderung habe ich nicht verloren, aber heute schaue ich als Kollegin. In Installationen, Collagen und Fotografien und beziehe ich mich auf Themen, die sich mit Erinnerungen und Veränderung beschäftigen.

im MoMa New York, 2016, (c) hehocra
Wie schaue ich auf Kunst? Gibt es Aha-Erlebnisse, Geistesblitze oder besondere Erkenntnisse für mich? Was empfinde ich, wenn ich mich auf Kultur und Kunst einlasse?
Ein Werk kann mich berühren, inspirieren oder beeindrucken. Von einem magischen Moment spreche ich, wenn alles zusammenkommt. Dies bezieht sich zum einen auf die Kunstwerke selbst, hängt aber auch mit der Präsentation und dem Kontext der Ausstellung ab. Aus diesem Moment heraus entstehen für mich Verständnis, neue Sichtweisen, Erkenntnisse, Anregungen und Erfahrungen.
- Mich berühren Kunstwerke, wenn ich unbedarft vor ihnen stehe und in mir etwas anklingt. Meist spüre ich dies körperlich. Manchmal steigen Tränen der Rührung in mir auf.
- Mich inspirieren Kunstwerke, wenn ich darin etwas finde, was ich als Künstlerin faszinierend finde und in mich aufnehme. Vielleicht greife ich darauf in meiner Arbeit irgendwann einmal zurück und entwickle es auf meine Art und Weise weiter. Dies umfasst auch die Präsentation, Darstellung und Beschreibung von Kunstwerken. (Blogbeitrag Ein weiteres Feld: Kunst präsentieren)
- Mich beeindrucken Kunstwerke, wenn ich den Aufwand dahinter erfasse, wenn ich den tiefen Prozess des Entstehens nachvollziehen kann. Aber auch eine scheinbar schlicht umgesetzte Idee, die etwas genial auf den Punkt bringt, beeindruckt mich.
Erlebe ich meinen magischen Moment auch, wenn ich mir Kunst übers Web anschaue?
In der digitalen Welt sind uns viele Kunstwerke zugänglich. Mitunter rauschen sie in der Bilderflut an uns vorbei. Ein unglaubliches Meer, in dem wir baden können. Für mich ein wunderbarer Schatz, um mein Wissen anzureichern, zu recherchieren, zu lesen, anzuschauen. Aber dem magischen Moment bin ich hier bisher kaum begegnet. Diesen erlebe ich meist, wenn ich in einem Museum oder in einer Ausstellung bin, wenn ich einem Kunstwerk sozusagen in die Augen schauen kann.

Schattenspiel im Museum Europäischer Kulturen Berlin, 2017, (c) hehocra
Gibt es einen Wunsch, den ich schon immer bei Kulturinstitutionen äußern wollte? Was können Kulturinstitutionen für mich tun, damit ich gerne zu ihnen komme?
Bei diesen Fragen fällt mir eine Ausstellung ein, die ich 2009 im Museum für Kommunikation in Berlin besuchte: Absolut? privat! Vom Tagebuch zum Weblog (Der Link führt zu einem Zeitungsartikel. Das Museum hat hier leider keine Informationen mehr online.) Sie hat mich sehr berührt und inspiriert, so dass ich nach den vielen Jahren immer noch gern daran zurückdenke. Die Ausstellung spannte einen Bogen vom Gestern zum Heute ins Morgen. Sie präsentierte von bekannten aber vor allem auch von unbekannten Persönlichkeiten geschaffene Aufzeichnungen in Bezug zur heutigen Zeit.
Eine spontane Idee: Wie wäre es, mit einem Dialog der Künste? Wie würden bzw. wie setzen sich Künstler.innen von heute mit den Themen vergangener Zeiten auseinander? Welche Fragen von damals beschäftigen uns auch heute? Welche Antworten können wir in der Vergangenheit für unsere Gegenwart und vielleicht auch für die Zukunft finden?
Zwei praktische Ideen: Vielleicht könnte die Website eines Museums nicht nur den üblichen Text zur Ausstellung veröffentlichen, sondern auch weitere Informationen, Links, Tipps für Bücher und andere Veröffentlichungen zusammenstellen. Dann könnte ich dies als Ausgangsbasis für meine Recherchen verwenden und darauf Bezug nehmen. Bisher bin ich auf das angewiesen, was ich über eine Suchmaschine finde. Bevor ich aber zu Hause recherchiere und nachlese, besuche ich sehr gerne den Museumshop. Dort schaue ich nach Katalogen, Büchern und Postkarten. Ich liebe es, in Museumsshops zu stöbern. Ich weiß nicht, ob es wirtschaftlich genug ist, aber vielleicht wäre ein digitaler Museumsshop mit den Angeboten zu den dortigen Ausstellungen oder eine Kooperation mit einem anderen Online-Shop auch eine interessante Idee?

Spiegelung in der TATE Modern in London, 2008, (c) hehocra
Wie informiere ich mich über Neuigkeiten?
Schon allein aus meiner künstlerischen Tätigkeit informiere ich mich über verschiedene Wege zu Kunst und Kultur: Social Media (Facebook, Instagram und Twitter), Webseiten, Blogs und Zeitschriften. Dankbar bin ich auch für Hinweise, die mich aus meinem Netzwerk erreichen.
Kann ich mir Kunst und Kultur nicht nur im Museum sondern auch im Hauptbahnhof vorstellen?
Meist gehe ich bewusst in Ausstellungen, in Galerien und Museen, um mir Kunst anzuschauen. Manchmal begegnet mir aber auch Kunst überraschend, wie vorgestern am Berliner Hauptbahnhof. Bei all dem Trubel, dem Kommen und Gehen, bei den vielen eilenden und suchenden Menschen lässt sich dort keine Kunst vermuten, und es ist fraglich, ob sich bei all der Hektik einen Zugang zum Betrachter finden lässt. Aber genau dort erlebte ich jetzt einen meiner magischen Momente, die ich so liebe. Es geht um die Ausstellung im Berliner Hauptbahnhof World Press Photo, die noch bis zum 20. Oktober 2017 dort sein wird. (Anschließend ist sie im Hauptbahnhof München vom 23. bis zum 30. Oktober 2017.)
Im Vorbeieilen wagte ich einen Blick auf die Ausstellung, wunderte mich noch über die Präsentation an diesem Ort. Und während ich dies dachte, erfasste mich ein Foto von Jonathan Bachmann, das eine junge Frau in einem leichten Sommerkleid zeigt, wie sie sich bei einer Demonstration den schwer bewaffneten, den über und über mit Schutzkleidung versehenen Polizisten stellt. Dieses Bild nimmt mich sofort in seinen Bann und lässt mich stehen bleiben, innehalten. Es berührt mich tief, finde ich darin ein Bild für eine Erfahrung wieder, mit der ich mich gerade innerlich auseinandersetze. Dieser Augenblick ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass uns Kunst und Kultur überall begegnen und in den Bann ziehen kann.

im Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen, 2014, (c) hehocra
In diesem Sinne, herzlichen Dank für die Anregungen zu diesen Gedanken, herzlichen Dank dafür, dass Du bis hierhin gelesen hast. Was sind Deine Gedanken dazu? Wie schaust Du auf Kunst und Kultur?
Noch bis zum 22. Oktober kannst auch Du bei der Blogparade (alle Informationen hier) mitmachen. Ich klicke mich dann mal bei den anderen Beiträgen durch. Bin schon gespannt, auch auf Deinen Kommentar.
Nachtrag: Ich empfehle, die Beiträge mal durchzuschauen, denn es ist bisher schon eine sehr interessante und abwechslungsreiche Vielfalt zusammengekommen. Auch das Deutsche Uhrenmuseum hat einen Beitrag verfasst. Beeindruckt hat mich auch der Beitrag des Bürgermeisters von Illingen. Und dann viel mir ein, dass ich Illingen doch kenne… Vor vielen Jahren habe ich dort einmal an einer Lesung teilgenommen. Das war, als ich für fünf Jahre in Saarbrücken gelebt und gearbeitet habe.
von hehocra | Okt. 3, 2017 | Ostdeutsches |
Der 3. Oktober, ein Feiertag. Bilder mit jubelnden Menschen in den Geschichtsbüchern. Lange habe ich überlegt, ob ich heute einen Beitrag veröffentliche, etwas zum Tag der Deutschen Einheit schreibe, oder nicht. Jetzt ist der Morgen des Feiertages und ich sitze hier und tippe spontan meine Gedanken nieder. Der Tag der Deutschen Einheit, das ist für mich nicht ein Feiertag, wie er es vielleicht sein sollte oder gedacht ist. So viele Gefühle und Ebenen mischen sich. Es fällt mir schwer, sie umfassend und strukturiert zu beschreiben. Verständlich? Vertraue ich nun dem spontanen Tun.
Am 3. Oktober 1990 wurde die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, die sich vierzig Jahre in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) aufteilten, gefeiert. Das war knapp einem Jahr nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989. Was in diesem Jahr alles geschehen ist? Immer noch unbegreiflich. Ein Rausch, eine Geschwindigkeit… Diese Zeit hat Narben hinterlassen. Und heute wird mir klar, dass wir nicht nur die kommunistische und realsozialistische Zeit aufzuarbeiten haben, sondern auch die Zeit der Wende. Das meine ich nicht nur für die Ostdeutschen sondern auch für die Westdeutschen. Die Aufarbeitung ist eine gesamtdeutsche Aufgabe. Schließlich sind wir seit siebenundzwanzig Jahren ein wiedervereintes Deutschland. Auch das Ergebnis der letzten Bundestagswahl macht dies deutlich.

Wende, Fotoinstallation, Ausschnitt, (c) Doreen Trittel
Was war in dieser Zeit? Dabei kann ich nur für mich aus meinen persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen heraus sprechen. Die historischen Daten lassen sich in Büchern oder im Internet nachlesen. Ich war damals 16/ 17 Jahre alt, Teenager. Im Sommer 1990 hatte ich die 10. Klasse mit ihren schriftlichen und mündlichen Abschlussprüfungen zu bestehen. In Geografie sprach ich von der Po-Ebene, ohne jemals dort gewesen zu sein. Die Ost-Mark wurde abgeschafft, die D-Mark wurde eingeführt. Ost-Produkte wurden zu Spottpreisen verschleudert. Obst wurde marktschreiend unters Volk geworfen. Die Sommerferien verbrachte ich mehrere Wochen an der Ostsee und arbeitete dort in der Küche eines Kinderferienlagers. Nachts lagen wir auf der Tischtennisplatte und schauten hoffnungsvoll in den wolkenlosen Sternenhimmel. Bei einem Ausflug war ich das erste Mal im Heidepark Soltau. In einem kurzen Gespräch mit einem gleichaltrigen Mädchen verheimlichte ich, dass ich aus Ostberlin komme. Ich bemühte mich, hochdeutsch zu sprechen. Im Herbst ging ich aufs Gymnasium. Dort begegnete ich neuen Mitschüler.innen. So manche Herbst- und Wintertage verbrachten wir feiernd und philosophierend. Mein Weg von der Kindheit in der DDR zum Erwachsenwerden in der BRD. Ich besuchte Demonstrationen, die sich für Veränderungen einsetzten. Die Räumung der Mainzer Straße in Berlin Friedrichshain machte mir Angst. Die Erwachsenen waren mit sich beschäftigt; Abwicklung, Arbeitslosigkeit, Aussichtslosigkeit, Ungewissheit, Existenzängste. Westdeutsche kamen ins Land, um ihnen die Welt zu erklären. Von nun an würde alles besser werden. Nur leider fühlte es sich damals nicht so an.
Dieser Artikel macht deutlich, wie willkürlich der 3. Oktober aus und in dieser Zeit im Jahr 1990 hervorgegangen ist: 3. Oktober: Warum der Tag der Deutschen Einheit ein Feiertag ist von Martin Ferber, Augsburger Allgemeine. Das Gefühl der Freiheit verbinde ich persönlich mit dem 9. November 1989: …Ein bedeutender Teil meines Lebens und Mein Licht.
Für mich und für viele meiner Generation wurde es besser. Wir standen an der Schwelle ins Berufsleben, konnten lernen, studieren, reisen. Für viele unserer Elterngeneration wiegt diese Zeit noch schwer. Es war eine Zeit voller Extreme zwischen Euphorie und Überleben. Sie hat uns geprägt. Lasst uns darüber reden und unsere Erfahrungen austauschen.

Wende, Fotoinstallation, (c) Doreen Trittel
Noch mehr gelesen:
Familiensache Wende von Viola Lippmann, MyOstBlog
Wie war das für Euch? Die dritte Generation Ost im Gespräch mit ihren Eltern – ein Buch von Judith Enders (Hg.), Mandy Schulze (Hg.) und Bianca Ely (Hg.) erschienen im Ch. Links Verlag.
Wie die Deutsche Einheit mich dazu gebracht hat, Rechtsanwältin zu werden von Dr. Geertje Tutschka, Edition F
Ich bin schon gespannt, wie sich die Serie Weissensee, dieser Zeit filmisch nähern wird.
… So gibt es sicher noch viele interessante Beiträge, Gedanken, Erinnerungen und Aufarbeitungen zum heutigen Tag. Welche hast Du entdeckt?
von hehocra | Sep. 29, 2017 | Blogaktionen |
Erfolg. Wir wünschen anderen Erfolg. Wir streben selbst Erfolg an. Wir hoffen auf Erfolg. Erfolg wird versprochen. Erfolg wird verkauft. „Erfolg verbessert den Charakter“, sagt William Somerset Maugham. Wir sprechen über Erfolg. Ausbleibenden Erfolg verheimlichen wir lieber.
Oft werde ich, als Künstlerin, nach einer Ausstellung gefragt, ob ich denn erfolgreich war und etwas verkauft habe. Jedes Mal fange ich dann an, mich zu rechtfertigen, denn für mich ist eine Ausstellung trotzdem erfolgreich, auch wenn ich nichts verkauft habe. Meinen wir das gleiche, wenn wir von Erfolg sprechen? Was ist das überhaupt, der Erfolg?

Was ist Erfolg überhaupt?
Was macht ihn aus? Wie ist es, wenn wir Erfolg haben, oder wenn wir keinen haben? Reden wir überhaupt über das gleiche, wenn wir uns gegenseitig Erfolg wünschen und stolz über Erfolge berichten?
Laut der großen Online-Enzyklopädie gibt es „…zahlreiche… Theorien des Erfolgs, deren gemeinsamer Nenner es ist, Erfolg als die Fähigkeit zu interpretieren, seine selbst gesetzten Ziele zu erreichen… Bei Zielen kann es sich um eher sachliche bzw. materielle Ziele… oder um emotionale bzw. immaterielle Ziele… handeln… Einige Wissenschaftler weisen auch auf die Möglichkeit hin, etwas Erreichtes als Erfolg zu betrachten, selbst wenn man es niemals zum Ziel hatte…“
Dieser Versuch einer Erklärung macht eines deutlich: Erfolg ist etwa sehr individuelles. Auch wenn die Rede vom Erfolg einer Oranisation oder auch eines gesellschaftlichen Zusammenhangs ist, bezieht sich der Erfolg immer auf das, was im jeweiligen Kontext verstanden wird. Da sich meine Arbeit als Künstlerin auf meine individuelle Sicht bezieht und ich mich für einen differenzierten Blick einsetze, mache ich mir an dieser Stelle Gedanken darüber, was ich persönlich unter Erfolg verstehe.

Wie definiere ich Erfolg für mich?
Ich fühle mich erfolgreich, wenn ich über mich hinaus gewachsen bin, wenn ich mich meinen Ängsten zugewandt und etwas erfahren habe, mich dann eine Erkenntnis erfüllt und ich das Gefühl habe, weitergekommen zu sein. Dieser persönliche Weg ist auch mit meinem beruflichen Erfolg als Künstlerin eng verbunden. In Collagen, Installationen und Fotografien setze ich mich immer wieder mit Erinnerungen auseinander. Dabei fasziniert mich der Veränderungsprozess von der Vergangenheit über die Gegenwart hin zur Zukunft. Ein Schwerpunkt meiner Arbeiten liegt in meiner ostdeutschen Herkunft. In meinem Blog möchte ich einen Einblick in die Geschichten hinter meinen Werken, in die Prozesse des Werdens geben. Du erfährst, was mich inspiriert und gerade beschäftigt. Du bekommst einen Blick hinter die Kulissen. Ich nehme Dich mit auf Ausstellungen, in denen ich meine Kunst präsentiere, und ich stelle Dir Künstler.innen vor, deren Arbeiten mich beeindrucken. Ich liebe den Moment, wenn sich Menschen durch meine Arbeiten angesprochen fühlen und berührt werden, wenn etwas in ihnen angeregt wird. Ich liebe es, wenn sich dadurch inspirierende Gespräche ergeben, die wiederum in meine Arbeiten einfließen. Ich liebe es, wenn meine Werke meine Kund.innen bereichern.
„Kann man denn davon leben?“
Dieser Frage begegnet ein Künstler immer wieder. Mich künstlerisch auszudrücken, Anregungen zu schaffen, und die Welt mit meinem Tun zu einem besseren Ort zu machen, mich mit Erinnerungen und Veränderungen auseinanderzusetzen, das ist meine Berufung. Ich lebe für und von der Kunst. Aber wenn es allein um den finanziellen Erfolg ginge, dann wäre die Kunst wahrlich nicht der beste Weg. Da gibt es weitaus lukrativere Jobs. Aber der Ruf, künstlerisch tätig zu sein, setzt sich über als gesellschaftlich wahrgenommene Misserfolge und auch über eigene Misserfolge hinweg.

Mein Tipp zum Erfolg?
Egal, was Du tust, worin Du erfolgreich sein möchtest, aus meinen Überlegungen heraus möchte ich Dir gern den Tipp geben: Beschäftige Dich damit, was Erfolg für Dich ausgemacht. Schreibe, male oder klebe in einer Collage, was für Dich Erfolg ist und wie Du Dich fühlen wirst, wenn der Erfolg eintritt. Das schafft Klarheit, sowohl für Dich als auch in Deiner Ausstrahlung nach außen. Es motiviert in Phasen, in denen Du vielleicht zweifelst oder verunsichert wirst. Ich werde künftig mehr hinterfragen, wenn andere von Erfolg sprechen oder ich mich mit anderen über Erfolg unterhalte.
Der Ursprung: eine Blogparade
Herzlichen Dank an Martina Troyer. Sie ist Webstrategin, Sichtbarkeits-Coach und Redakteurin. Durch Zufall bin ich auf ihre Blogparade aufmerksam geworden. Martina Troyer hatte dazu aufgerufen, der Frage nachzugehen: Was ist für Dich Erfolg in Deinem Business? Mal schauen, was den anderen Teilnehmer.innen bei diesem Thema durch den Kopf gegangen ist. Da sind bestimmt interessante Sichtweisen und Anregungen dabei, sich mit dem Wort Erfolg und deren Bedeutung weiter auseinanderzusetzen.

von hehocra | Sep. 25, 2017 | Ausstellungen |
Heute möchte ich mich an dieser Stelle von meinem Projekt im ehemaligen Frauengefängnis Lichterfelde mit ein paar gemischten fotografischen Eindrücken verabschieden. Diese Ausstellung wird auf mehreren Ebenen nachklingen.

Nach der Installation in Zelle 8, Soeht7, (c) hehocra
Ich bedanken mich bei meiner Kollegin Eva Gjaltema. Es war mir eine große Freude, wieder mit ihr zusammenzuarbeiten und unsere Werke gemeinsam auszustellen.

Impressionen vom Aufbau in Zelle 8, Soeht7, (c) hehocra
Zum Abschluss verrate ich Euch noch, dass vier Collagen aus meiner Serie „Frauen – Women“ vor mir in der Zelle 1 präsentiert wurden. Eine spontane Entscheidung, denn manchmal muss auch bei einer Ausstellungsvorbereitung improvisiert werden.

Collagen „Frauen – Women“ in Zelle 1, Soeht7, (c) hehocra
Ein neues Ausstellungsprojekt steht aktuell nicht an. Das gibt mir die Möglichkeit, mir eine Pause zur Inpsiration zu gönnen, und in mir schlummernde Ideen umzusetzen, die jetzt schon eine Weile warten mussten. In meinem Blog geht es, wie gewohnt, mit verschiedenen Themen rund um Kunst, Kreativität und Inspirationen, Erinnerungen und Veränderung weiter.

Fußboden und Installation Zelle 8, Soeht7, (c) Doreen Trittel
Alle Beiträge chonologisch im Überblick:
Ich werde ins Gefängnis gehen
Die Nadeln liefen heiß. Die Finger bluteten.
Meine Installation im ehemaligen Frauengefängnis
Die wunderbaren Bilder meiner Zellengenossin
Ein Gefängnis in der Nachbarschaft
Herzlichen Dank an die Künstlerin BLANCA.Art, die dieses fröhliche Porträt von mir in der Zelle 8 gemacht hat. Es spiegelt für mich den wunderbaren, zauberhaften Wandel an diesem Ort und mit den Themen in meiner Installation. Merci.

Porträt vor der Installation, (c) BLANCA.Art
von hehocra | Sep. 20, 2017 | Fundstücke |
In meinen vergangenen Beiträgen habe ich viel von der Ausstellung „Macht der Erinnerung“ geschrieben. Heute möchte ich Dir gern ein wenig mehr von dem spannenden Ort, dem ehemaligen Frauengefängnis Lichterfelde in Berlin Steglitz erzählen. Unsere Ausstellung präsentierte sich zum Tag des offenen Denkmals. Die Besucher.innen hatten auch die Gelegenheit das Gebäude, Zellen ohne Kunst und das Gelände zu besichtigen sowie an angeboten Führungen teilzunehmen.

Eingebettet in die Nachbarschaft: Soeht7, Berlin Lichterfelde, (c) hehocra
Wenn man das Frauengefängnis in Berlin Lichterfelde betritt oder Aufnahmen von diesem Ort sieht, kann man kaum glauben, dass es erst vor sieben Jahren, das heißt 2010, geschlossen wurde. Knapp über einhundert Jahre diente das Gebäude als Gefängnis. 1907 wurde es auch als solches direkt neben das Amtsgericht gebaut. Erst in den siebziger Jahren wurde es als Frauengefängnis in Betrieb genommen. In den letzten Jahren waren hier Gefangene im offenen Vollzug untergebracht. Der Hauptteil des Gebäudes besteht aus einem Lichthof. Über dem Erdgeschoss und unter den zwei Etagen prangt ein großes Metallgitter.

Lichthof Soeht7, Berlin Lichterfelde, (c) hehocra
Fast sechs Jahre stand das Gefängnis leer. Ab und zu wurde es als Filmkulisse genutzt. Til Schweiger und Moritz Bleibtreu, sogar George Clooney sollen hier schon gedreht haben. 2016 übernahm Jochen Hahn die Herausforderung an, um aus dem früheren Gefängnis einen kulturellen, kreativen und inspirierenden Ort, heute Soeht7 genannt, zu schaffen. Neben dem Gefängisgebäude gibt es auch eine Kapelle, die 1980 hinzu kam. Hier finden oft Lesungen, Theateraufführungen und andere Veranstaltungen statt. An unserem Wochenende wurde hierfür auch der Innenhof genutzt. Bei herrlichem Wetter wirkt er durch seine verstreuten Sitz- und auch Rückzugsmöglichkeiten fast paradiesisch. Ebenso die Terrasse am Eingang des Geländes. Wer mag, kann hier auch übernachten.

Innenhof und Kapelle links im Hintergrund, Soeht7, (c) hehocra
Das ehemalige Gefängnis ist ein faszinierender Ort für alle, die sich auch für Details begeistern können. Hiervon gibt es sehr viele zu entdecken, witziges, faszinierendes, aber auch beängstigendes und bedrückendes.

Feuermelder, Soeht7, (c) hehocra

Fenster Zelle 8, Soeht7, (c) hehocra

Steckdose, Soeht7, (c) hehocra
Die verschiedenen Kulturangebote und Nutzungsmöglichkeiten geben dem Ort Stück für Stück ein neues Kleid. Das ehemalige Gefängnis ist ein berührender, tief gehender und in vielfältiger Hinsicht ein emotional lehrreicher Ort. Ich bin sehr dankbar, dass ich ein kleiner Teil dieser Wandlung sein konnte und selbst viel erspürt und erfahren habe. Es klingt nach…

Blumen in Zelle 8, Soeht7, (c) hehocra
von hehocra | Sep. 18, 2017 | Ausstellungen, Künstler.innen |
Bei der Ausstellung „Macht der Erinnerung“ hatte ich das große Glück, dass ich mir mit der Künstlerin Eva Gjaltema eine Zelle geteilt habe. Ihr Name und andere Werke von ihr kommen Dir vielleicht bekannt vor. Das erste Mal sind Eva und ich uns durch die Teilnahme an einer Gruppenausstellung im Frühjahr 2016 begegnet. Im darauf folgenden Herbst haben wir im Rahmen eines Projektes intensiv zusammengearbeitet. Seit dem sind wir beide mit anderen Künstler.innen Gründungsmitglieder unserer Gruppe „Kontrapunkt“.

„Macht der Erinnerung“, Soeht7, Eingang und Plakat
Dass wir nun an einer Ausstellung in einem ehemaligen Frauengefängnis teilnehmen und uns dazu entschlossen hatten, uns eine Zelle zu teilen, war eine besondere Herausforderung. Denn diese bestand in der Auseinandersetzung mit den gewaltigen Erinnerungen der Gefängnismauern. Nachdem wir das Gebäude und insbesondere die Zelle 8 das erste Mal besucht hatten, war uns klar, dass wir den dunkelgrau gestrichenenen Wänden etwas ausgleichendes entgegensetzen möchten.
Eva Gjaltema fertigte für diesen Anlass eine neue Serie mit dem Titel „Dancing Women“. Hierin kombinierte sie Bilder aus alten Büchern von Tänzerinnen aus den zwanzigern und Aufnahmen von Zweigen, die sie nach dem Druck übermalt hatte. Vielleicht haben die früher hier eingesperrten Frauen von solch einer Leichtigkeit, vom Tanz, aber sicher von einer schwerelosen Freiheit geträumt.

Dancing Women, Collagen/Mixed Media, 2017, Fotoinkjet print auf Papier gedruckt und Tinte, 19,5 x 24,4 x cm, gerahmt 24 x 30 cm, Eva Gjaltema
Die zweite Serie trägt den Titel „Transparency“. Grundlage bilden hier Fotografien der Künstlerin aus dem Jahre 2008 aus der Tagebuchreihe „Trust me and others“. Diese kombiniert Eva Gjaltema mit Negativen, die sie in einem Fotoalbum von einem Flohmarkt gefunden hat. Die Mischung eigener Erinnerungen mit den Erinnerungen fremder Menschen schafft eine surreale Welt, wie ein Tagtraum.

Transparency, Collagen/Mixed Media, 2017, Foto Inkjetdruck, Negativfilm, Klebeband, 20 x 15,5 cm und 19 x 24,5 cm, gerahmt 24 x 30 cm, (c) Eva Gjaltema, Foto by hehocra

Transparency, Collagen/Mixed Media, 2017, Foto Inkjetdruck, Negativfilm, Klebeband, 20 x 15,5 cm und 19 x 24,5 cm, gerahmt 24 x 30 cm, (c) Eva Gjaltema, Foto by hehocra
Eva Gjaltema ist in den Niederlanden geboren, hat dort studiert, lebt und arbeitet seit einigen Jahren in Berlin. Fotografie nutzt sie, um Zeit und Erinnerungen festzuhalten.
Ausgehend von autobiografischen und familiären Themen macht sie den Einfluss der Vergangenheit auf die Gegenwart durch dokumentarische und persönlich autonome Projekte deutlich. Hierfür bedient sich die Künstlerin nicht nur der analogen und digitalen Fotografie, sondern auch anderer Medien.

Besucherin vor Eva Gjaltema Werken, Soeht7, (c) hehocra
von hehocra | Sep. 14, 2017 | Ausstellungen, Installationen |
Ich bin wieder entlassen worden, habe meine Sachen gepackt und das Gefängnis durch das Tor hinter mir gelassen. Eine Ausstellung in einem ehemaligen Frauengefängnis… Meine Kunst in einer buchstäblich dunklen Zelle… Das war eine Herausforderung, ein Erlebnis, das mich in vielerlei Hinsicht bereichert und durch die zahlreichen Besucher.innen, durch interessante Gespräche erfüllt hat. Heute möchte ich Dir gern meine Installation und die Zelle 8 auch hier in meinem Blog vorstellen.
In den nächsten Tagen, in den folgenden Beiträgen zeige ich Dir auch die Arbeiten meiner Zellengenossin Eva Gjaltema. Du bekommst einen Einblick in das Gefängnis allgemein und wenn Du dann noch magst, erzähle ich Dir von der Kraft der Musik an solch einem Ort und gebe Dir einen Blick hinter die Kulissen des Aufbaus der Ausstellung.
Bist Du bereit? Hinter diesen Mauern verbarg sich vielfältige Kunst in Form einer Ausstellung und eines abwechslungsreichen Programms unter dem Titel „Macht der Erinnerung“ am vergangenen Wochenende zum „Tag des offenen Denkmals“. Es ist das ehemalige Frauengefängnis in Lichterfelde, Berlin Steglitz – heute SOEHT7.

Soeht7, das ehemalige Frauengefängnis Lichterfelde, Berlin Steglitz, (c) hehocra
In meiner Installation habe ich folgende Elemente zu einer Präsentation zusammengestellt:
Opfer-Täter und Täter-Opfer, Patchwork-Decke, 160 x 198 cm, Herrenhemden und Bettbezug aus dem Familiennachlass der Künstlerin, in Handarbeit bestickt und beschrieben, 2017
Steh auf!, Kissen, 77 x 79 cm, Kissen aus dem Familiennachlass der Künstlerin in Handarbeit bestickt, 2014
Schießen für den Frieden (Teil 2), Zielscheiben jeweils 14 x 14 cm, mit Kugelfangkasten 15 x 16 cm, in Handarbeit gestaltet, 2017

Installation in der Zelle 8, ehemaliges Frauengefängnis SOEHT7, Berlin, (c) Doreen Trittel
In der gezeigten Installation beschäftige ich mich mit den Erinnerungen des Ortes, dem ehemaligen Frauen-Gefängnis, gepaart mit meinen persönlichen Kindheits-erinnerungen vor dem Hintergrund der ostdeutschen Geschichte.
Die Patchwork-Decke „Opfer-Täter und Täter-Opfer“ ist meine neueste Arbeit. Ich habe sie anlässlich der Ausstellung „Macht der Erinnerung“ angefertigt. Hierbei setze ich mich mit den Worten „Opfer“ und „Täter“ auseinander. Opfer und Täter, zwei Worte, die sich erst durch unsere Assoziationen, unsere Ein- und Zuordnungen, durch Definitionsversuche und auch durch unser Urteil mit Leben füllen. Der helle Stoff, die einzelnen Quadrate stammen von alten Herrenhemden, die Rückseite von einem alten Bettbezug meiner Großeltern.
Auch das Kissen ist aus dem Nachlass meiner Familie. Die gestickte Aufforderung „Steh auf!“ beschreibt den Wunsch und den inneren Kraftakt, sich zu hinterfragen und zu verändern.
Die Zielscheiben entwickelte ich aus einer Installation mit dem Titel „Schießen für den Frieden, Teil 1“. Die Bearbeitung und damit Zweckentfremdung der Zielscheiben stehen für die Veränderung im Umgang mit den Schatten der Vergangenheit.
Die Kombination dieser drei Arbeiten präsentiere ich erstmalig an diesem Ort. Sie sind alle in Handarbeit und unter Verwendung neuer sowie alter Materialien entstanden. Dieser Prozess wirft immer wieder Fragen auf und löst Veränderungen aus – Stich für Stich, Buchstabe für Buchstabe.

‚Steh auf!‘ und ‚Opfer-Täter und Täter-Opfer‘, Installation, Ausschnitt, (c) Doreen Trittel

Schießen für den Frieden, Teil 2, Installationin der Zelle 8, ehemaliges Frauengefängnis SOEHT7, Berlin, (c) Doreen Trittel

Installation, Details, (c) Doreen Trittel

Soeht7, Besucher.innen, (c) hehocra
An mehreren Tagen hintereinander hinter Gefängnismauern… Mein erster Besuch fühlte sich sehr beklemmend an. Aber mit den vielen vielfältigen, farbenfrohen, musikalischen, spannenden und interessanten Erlebnissen hat sich der Ort für mich mit viel positiver Energie gefüllt. Insbesondere auch durch meine Auseinandersetzung sowie der inspirierenden und wertschätzenden Zusammenarbeit mit Eva Gjaltema in unserer Zelle 8 habe ich das denkmalgeschützte Gebäude als sehr belebend wahrgenommen. Eine faszinierende Wandlung auf mehreren Ebenen.Ich danke allen, allen, die die Gelegenheit, die Zeit und den Mut hatten, uns dort zu besuchen. Ich danke allen, die mich im Vorfeld (Work in Progress) bis hin zur Präsentation vor Ort begleitet und unterstützt haben. Dafür bin ich sehr dankbar und fühle mich reich beschenkt. Herzliche Grüße, Doreen

‚Steh auf!‘ und ‚Opfer-Täter und Täter-Opfer‘, Installation, Ausschnitt, (c) Doreen Trittel
ps: Aber ja, es bleibt ein ehemaliges Gefängnis, in dem einst Menschen eingesperrt wurden…
von hehocra | Sep. 5, 2017 | Ausstellungen, Installationen |
Naja, ich gebe zu, ganz so schlimm war es nicht. Aber ein paar Nadeln litten und auch meine Finger bekamen den ein oder anderen Stich versetzt. Zwischendurch hatte ich Bedenken, ob ich es schaffen würde, alles rechtzeitig fertigzustellen…
Aber worum geht es überhaupt? Am kommenden Freitag, am 8. September 2017 findet die Vernissage der Ausstellung „Macht der Erinnerung“ im ehemaligen Frauengefängnis Lichterfelde, Berlin statt.
Im Mai diesen Jahres erfuhr ich hiervon und machte mir mit meiner Künstlerkollegin Eva Gjaltema Gedanken, was wir ausstellen könnten. An Pfingsten besuchte ich den Ort das erste Mal. Eva und ich teilen uns die Zelle 8. Dies ist eine Doppelzelle mit zwei schweren Metalltüren, mit dunkelgrau gestrichenen Wänden und Decken, mit einem Waschbecken und Spiegel. Ich hatte vorab einige Ideen für diesen Raum, doch als ich das erste Mal dort stand, musste ich sie alle verwerfen. Mit dieser Kraft des Gebäudes hatte ich nicht gerechnet, auch nicht wie sehr die Erinnerungen des Ortes spürbar sind. In dem Moment wurde mir klar, dass in genau diese Zelle etwas Textiles muss. In diesem Raum, an diesem Ort liegen viele Gegensätze. So begannen wir mit unseren Überlegungen wieder von vorn… und ich hoffe sehr, es wird Dich, die Besucher.innen ansprechen.
Im Juni fasste ich den Entschluss für eine textile Installation aus drei Elementen. Eines davon stammt aus dem Jahr 2014 und wurde noch nie veröffentlich. Weitere Elemente habe ich in der ersten Hälfte diesen Jahres entwickelt und in ähnlicher Form bereits beim Kunstfestival 48-h-Neukölln gezeigt. Die zentrale Arbeit für die Ausstellung „Macht der Erinnerung“ hatte ich bisher nur in meinem Kopf. Ich wollte ein Thema aufgreifen, mit dem ich mich bereits 2015 in einer Papier-Mix-Arbeit beschäftigt hatte. Die Idee war da und ich begann, eine Skizze zu machen und einen Zeitplan zu entwerfen. Mir war klar, dass es für mich zeitlich eine Herausforderung wird. Aus alten Herrenhemden, die ich in den letzten Jahren sammelte, schnitt ich 63 gleich große Quadrate und begann, 60 davon nach und nach zu besticken und zu beschreiben. Überall, wo sich Wartezeiten ergaben, holte ich mein Nähzeug heraus. Abends kamen die Textilstifte zum Einsatz. Und es klappte: Wie geplant, hatte ich alle Stoffteile bis Ende August fertig.

Work in progress: Momentaufnahmen, (c) hehocra
Dann kam das Finale vom Work in progress: Die Zusammenstellung aller Einzelteile. So etwas hatte ich bis dahin in diieeser Größe noch nie gemacht. Einige Nähte mussten mehrmals aufgetrennt und neu genäht werden. Zwischendurch bekam ich Zweifel, ob meine gute, alte Nähmaschine durchhalten würde. Dann tauchten Bedenken auf, ob ich überhaupt rechtzeitig fertig werden würde. Wer mir auf Instagram, Facebook oder Twitter folgt, konnte dies beobachten. Der Mut machende Zuspruch, hilfreiche Tipps und teilweise sehr tief gehende Gespräche mit Freunden, Bekannten, meiner Familie und Künstlerkolleginnen halfen mir, diese Tiefs auszuhalten, durchzuhalten und beharrlich weiter zumachen. Pünktlich ist die Arbeit nun fertig geworden und ich bin sehr zufrieden. So hatte ich es mir vorgestellt und gleichzeitig ist es so anders geworden. Ob Ende gut alles gut ist, wird sich dann in der Ausstellung und an den Reaktionen zeigen.
Insgesamt hatte ich aber viel Spaß und Freude bei der Umsatzung meiner Idee. Ich stickte im Zug auf Reisen, auf Spielplätzen, ja sogar auf einem Friedhof, in den Bergen und im Café bzw. Restaurant… und hatte so manch interessante Begegnung.

Selbstporträts mit Stickrahmen, (c) hehocra
Nun bin ich sehr gespannt, wie die Installation mit den drei Elementen in der Zelle wirken und ob mein Konzept aufgehen wird. Die Aufregung steigt. Gleichzeitig freue ich mich auf das Zusammenspiel mit den Arbeiten der Künstlerin Eva Gjaltema. Und ich bin wahnsinnig neugierig auf die anderen Präsentationen der ausstellenden und darbietenden Künstlerinnen und Künstler.
Noch ein Tipp: Ich selbst bin am Freitagabend und am Sonntag im Gefängnis. Am Samstag habe ich Freigang.
** Du bist herzlich eingeladen. Ich freue mich auf Deinen Besuch. **
Ausstellung zum “Tag des offenen Denkmals” am Samstag, 9.9.2017, 11 – 20 Uhr und Sonntag, 10.9.2017, 11 – 18 Uhr
Vernissage: 8. September 2017, 19 Uhr
ORT: ehemaliges Frauengefängnis Lichterfelde, Soehtstr.7, 12203 Berlin
mit Führungen und Programm
Teilnehmende Künstler.innen: Tesfa Ande. M I Eva Gjaltema I Peter Hahn I Angélique Preau I Christine Pöttker I Ulrike Reetz I Marty Sander I Dieter Strothmann I Doreen Trittel I Bodo Viebahn I Gesine Wenzel
Veranstalter: KUNST.RAUM.STEGLITZ. e.V., www.kunstraumsteglitz.de
Die Informationen und den Ausstellungsflyer findest Du auch unter Aktuelles oder in diesem Beitrag von mir: Ich werde ins Gefängnis gehen.

Mit der großen, kuscheligen Volumenfließrolle durch’s sommerliche Berlin, (c) hehocra
von hehocra | Aug. 15, 2017 | Collagen |
Macht, Angst und light – drei Worte, die in meine neue Collagen-Serie gewandert sind. Irgendwie? Nein, manchmal stechen mir einzelne Worte ins Auge und ich frage mich, was sie bedeuten. Zunächst fallen mir die offensichtlichen Assoziationen und Zuordnungen ein. Dann schaue ich weiter, recherchiere und erinnere mich. Spannend wird es auch in der Kombination miteinander: Macht und Angst und light.

Macht, Collage, Papier, 14 x 20 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Angst, Collage, Papier, 14 x 20 cm, 2017, (c) Doreen Trittel

Light, Collage, Papier, 14 x 20 cm, 2017, (c) Doreen Trittel